Andenreise 2008 – Aufbruch zu neuen „Ufern“
Organisation u. Durchführung sowie bergsteigerische Leitung (me, myself and I)
Text (Norbert Feimuth)
Lektorat (M. K.)
Faszinierend mit welcher Geschwindigkeit sich von Westen die grauschwarze Wolkenwand heran schiebt. Sollte mich das beunruhigen? Na ja, ich bin nicht am Schneeberg, sondern ich befinde mich im oberen Teil der Traverse, die zur Canaleta führt. Ein einheimischer Bergsteiger kommt mir vom Gipfel entgegen, er rät mir zur Umkehr, whoosh und der Sturm könne jederzeit losbrechen. Ob es mir gut geht, will er noch wissen. Wie der blühende Morgen hätte ich gerne gesagt, doch fällt mir weder die englische und schon gar nicht die spanische Entsprechung ein. Ricardo Hernandez (er könnte auch Raul Gonzales heißen) gibt zu bedenken, dass es schon noch elend weit bis zum Summit wäre (ich gehe von etwa 2 Std. aus). Ihm gegenüber spreche ich von 6 Uhr als Umkehrzeit, für mich habe ich jedoch 7 Uhr festgelegt (vorausgesetzt das Wetter hält). Noch ist es nicht mal drei. Emilio Sanchez stürmt nun nach unten, meine Schritte in die Gegenrichtung fallen gemächlicher aus. Kurze Zeit danach ist nahezu der komplette Berg im Wolkenmeer, jedoch liegen der weitere Weg, wie auch der Gipfel zum Teil noch in der Sonne.
Am 10. Feber ist es soweit. Am Vortag hatte ich Geburtstag. Auch schon 41. Dabei fühle ich mich höchstens wie 40. Der Flieger hebt ab nach Santiago de Chile. Die Anden sind für mich Neuland, bin ich doch bis dato über die Westalpen nicht hinausgekommen. Nach zwei Tagen in Santiago geht es mit dem Bus ins Maipo Tal. Das Refugio Lo Valdez ist ein idealer Ausgangspunkt für den Plomo (5430 m), den San Jose (5852 m), sowie den Marmolejo
(6109 m). Letzteren habe ich auserkoren. Am 14. wird es dann ernst. Der Wirt bringt mich zum Ausgangspunkt, der Puente Colina (2375 m). Ich schultere einen Rucksack hinten und einen vorne, alles in allem etwa 30 kg.
Und so sieht mein Aufstiegsplan aus:
14.2. Aufstieg Camp 1 (ca 3200 m)
15.2 Ausrüstung Camp 2 (ca 4300 m)
Nacht Camp 1
16.2 Aufstieg Camp 2
17.2 Ausrüstung Camp 3 (ca 4900 m)
Nacht Camp 2
18.2 Aufstieg Camp 3
19.2 Ruhetag
20.2 Gipfel (6109 m)
Camp 3
Schöner Plan, hielt aber nicht ganz der Realität Stand.
Schon der erste Tag gibt mir einen Vorgeschmack auf die Schinderei die mich erwartet. So erreiche ich schließlich nur Confluencia etwa eine Stunde unter C1. Tag 2 wird zum Ruhetag.
Der Andrang am Marmolejo ist überschaubar. Sieben Deutsche aus Sachsen (lassen sich gescheiterweise die Ausrüstung mit Mulis in C1 schaffen) steigen in etwa parallel zu mir auf, drei Dresdner befinden sich bereits am Abstieg.
Am 3. Tag verfehle ich die Aufstiegsrinne (Kartenlesen sollte man können), ich steige über eine Moräne und anschließend über ein ständig abrutschendes Geröllfeld zu einem Pass auf. Hier geht es zwar auf der anderen Seite runter, nach oben geht es allerdings, wie mir schon länger schwante, nicht weiter. Als ich Spuren beim Abwärtsgehen entdecke, deponiere ich auch noch den Rucksack hier. Dadurch komme ich auf ein Zusatzpensum von 10 -12 Std., welches ich in den bestehenden Zeitplan einbaue, um nicht einen weiteren Tag zu verlieren. Körperlich befinde ich mich in diesen Tagen eigentlich dauernd im roten Bereich. Die Leichtigkeit des Steigens will sich nicht einstellen. Trotzdem komme ich am 19. in C3 an. Da ich in den letzten Tagen schon erschöpfter war, sehe ich mich hinreichend akklimatisiert. Der nächste Tag soll den Gipfel bringen. Auch bei den Deutschen (haben ihr Camp etwas höher) beabsichtigt ein Teil den Gipfelgang. Ich starte mit den ersten wärmenden Sonnenstrahlen, so um halb zehn, ein allzu früher Aufbruch ist nicht nötig, die Tage sind lang, das Wetter verspricht zu halten. Über ein Büßereisfeld geht es auf den Gletscher, wo sich auch die Germanen schon tummeln. Anfangs noch Blankeis, das Gehen eine Freude, folgt bald die böse Überraschung. Windgepresster Schnee, die Decke grad nicht hart genug, um nicht jedes Mal bis zum Knie einzubrechen. Knapp drei Stunden später, ausgepowert wie ich nun bin, gehe ich an die Gipfelflanke. Nicht steiler als 30°, wenig Schnee, eigentlich optimale Bedingungen, einzig der kalte Wind, der in die Knochen fährt, stört. Allein ich habe keine Kraft mehr. Lothar von den Deutschen, er hat mich wieder eingeholt, nachdem ich ihn am Gletscher überholt habe, wirkt auch nicht mehr wie der junge Morgen. Ich blicke hoch, so weit schaut es gar nicht aus, das müsste zu schaffen sein. Nochmals motivieren wir uns zum Weitergehen. Ich mache wieder ein paar Schritte, stütze mich auf die Stöcke, keuche und huste, ich schließe die Augen, schlafe im Stehen ein. Etwa auf der halben Gipfelflanke ist dann Schluss, nichts geht mehr. Es ist zwar erst drei am Nachmittag, der Höhenmesser zeigt irgendwas zwischen 5600 und 5700m (ist ja auch egal) und wir kehren um. Ich fühle keine besondere Enttäuschung, eigentlich nur Müdigkeit während ich zum Zelt trotte. Am nächsten Morgen wache ich noch in der Nacht auf, - Kopfweh und klaustrophobische Zustände im Zelt als Nachwirkungen vom Vortag. Sobald es hell wird, baue ich das Lager ab und es geht abwärts.
Santiago - Moderne trifft Klassik
scl_1.jpg
Das Valle Engorda, eine grüne Oase, danach wird´s staubig.
mar_1.jpg
Dreißig Kilo Ausrüstung verteilt auf zwei Rucksäcke.
Camp 1 – Im Hintergrund die Sachsen
Camp 2 – Der Aufstieg dahin ist brutal, wie wir Tiroler sagen.
mar_4.jpg
Camp 3 - Ganz so leicht wie es ausschaut ist es nicht, es sind immerhin noch 1200 hm zum Gipfel. Lager 3 kann auch etwas höher, oberhalb des Büßereisfeldes errichtet werden.
mar_9.jpg
Blick nach Argentinien.
mar_13.jpg
Wieder im Valle Engorda. Ein Freibiwak und die Gelegenheit die Klamotten zu trocknen, nachdem es mich bei der Überquerung des Estero Marmolejo so was von auf den Hintern gesetzt hat.
mar_15.jpg
Der San Jose in der Abendstimmung.
mar_16.jpg
Fortsetzung folgt....
Organisation u. Durchführung sowie bergsteigerische Leitung (me, myself and I)
Text (Norbert Feimuth)
Lektorat (M. K.)
Faszinierend mit welcher Geschwindigkeit sich von Westen die grauschwarze Wolkenwand heran schiebt. Sollte mich das beunruhigen? Na ja, ich bin nicht am Schneeberg, sondern ich befinde mich im oberen Teil der Traverse, die zur Canaleta führt. Ein einheimischer Bergsteiger kommt mir vom Gipfel entgegen, er rät mir zur Umkehr, whoosh und der Sturm könne jederzeit losbrechen. Ob es mir gut geht, will er noch wissen. Wie der blühende Morgen hätte ich gerne gesagt, doch fällt mir weder die englische und schon gar nicht die spanische Entsprechung ein. Ricardo Hernandez (er könnte auch Raul Gonzales heißen) gibt zu bedenken, dass es schon noch elend weit bis zum Summit wäre (ich gehe von etwa 2 Std. aus). Ihm gegenüber spreche ich von 6 Uhr als Umkehrzeit, für mich habe ich jedoch 7 Uhr festgelegt (vorausgesetzt das Wetter hält). Noch ist es nicht mal drei. Emilio Sanchez stürmt nun nach unten, meine Schritte in die Gegenrichtung fallen gemächlicher aus. Kurze Zeit danach ist nahezu der komplette Berg im Wolkenmeer, jedoch liegen der weitere Weg, wie auch der Gipfel zum Teil noch in der Sonne.
Am 10. Feber ist es soweit. Am Vortag hatte ich Geburtstag. Auch schon 41. Dabei fühle ich mich höchstens wie 40. Der Flieger hebt ab nach Santiago de Chile. Die Anden sind für mich Neuland, bin ich doch bis dato über die Westalpen nicht hinausgekommen. Nach zwei Tagen in Santiago geht es mit dem Bus ins Maipo Tal. Das Refugio Lo Valdez ist ein idealer Ausgangspunkt für den Plomo (5430 m), den San Jose (5852 m), sowie den Marmolejo
(6109 m). Letzteren habe ich auserkoren. Am 14. wird es dann ernst. Der Wirt bringt mich zum Ausgangspunkt, der Puente Colina (2375 m). Ich schultere einen Rucksack hinten und einen vorne, alles in allem etwa 30 kg.
Und so sieht mein Aufstiegsplan aus:
14.2. Aufstieg Camp 1 (ca 3200 m)
15.2 Ausrüstung Camp 2 (ca 4300 m)
Nacht Camp 1
16.2 Aufstieg Camp 2
17.2 Ausrüstung Camp 3 (ca 4900 m)
Nacht Camp 2
18.2 Aufstieg Camp 3
19.2 Ruhetag
20.2 Gipfel (6109 m)
Camp 3
Schöner Plan, hielt aber nicht ganz der Realität Stand.
Schon der erste Tag gibt mir einen Vorgeschmack auf die Schinderei die mich erwartet. So erreiche ich schließlich nur Confluencia etwa eine Stunde unter C1. Tag 2 wird zum Ruhetag.
Der Andrang am Marmolejo ist überschaubar. Sieben Deutsche aus Sachsen (lassen sich gescheiterweise die Ausrüstung mit Mulis in C1 schaffen) steigen in etwa parallel zu mir auf, drei Dresdner befinden sich bereits am Abstieg.
Am 3. Tag verfehle ich die Aufstiegsrinne (Kartenlesen sollte man können), ich steige über eine Moräne und anschließend über ein ständig abrutschendes Geröllfeld zu einem Pass auf. Hier geht es zwar auf der anderen Seite runter, nach oben geht es allerdings, wie mir schon länger schwante, nicht weiter. Als ich Spuren beim Abwärtsgehen entdecke, deponiere ich auch noch den Rucksack hier. Dadurch komme ich auf ein Zusatzpensum von 10 -12 Std., welches ich in den bestehenden Zeitplan einbaue, um nicht einen weiteren Tag zu verlieren. Körperlich befinde ich mich in diesen Tagen eigentlich dauernd im roten Bereich. Die Leichtigkeit des Steigens will sich nicht einstellen. Trotzdem komme ich am 19. in C3 an. Da ich in den letzten Tagen schon erschöpfter war, sehe ich mich hinreichend akklimatisiert. Der nächste Tag soll den Gipfel bringen. Auch bei den Deutschen (haben ihr Camp etwas höher) beabsichtigt ein Teil den Gipfelgang. Ich starte mit den ersten wärmenden Sonnenstrahlen, so um halb zehn, ein allzu früher Aufbruch ist nicht nötig, die Tage sind lang, das Wetter verspricht zu halten. Über ein Büßereisfeld geht es auf den Gletscher, wo sich auch die Germanen schon tummeln. Anfangs noch Blankeis, das Gehen eine Freude, folgt bald die böse Überraschung. Windgepresster Schnee, die Decke grad nicht hart genug, um nicht jedes Mal bis zum Knie einzubrechen. Knapp drei Stunden später, ausgepowert wie ich nun bin, gehe ich an die Gipfelflanke. Nicht steiler als 30°, wenig Schnee, eigentlich optimale Bedingungen, einzig der kalte Wind, der in die Knochen fährt, stört. Allein ich habe keine Kraft mehr. Lothar von den Deutschen, er hat mich wieder eingeholt, nachdem ich ihn am Gletscher überholt habe, wirkt auch nicht mehr wie der junge Morgen. Ich blicke hoch, so weit schaut es gar nicht aus, das müsste zu schaffen sein. Nochmals motivieren wir uns zum Weitergehen. Ich mache wieder ein paar Schritte, stütze mich auf die Stöcke, keuche und huste, ich schließe die Augen, schlafe im Stehen ein. Etwa auf der halben Gipfelflanke ist dann Schluss, nichts geht mehr. Es ist zwar erst drei am Nachmittag, der Höhenmesser zeigt irgendwas zwischen 5600 und 5700m (ist ja auch egal) und wir kehren um. Ich fühle keine besondere Enttäuschung, eigentlich nur Müdigkeit während ich zum Zelt trotte. Am nächsten Morgen wache ich noch in der Nacht auf, - Kopfweh und klaustrophobische Zustände im Zelt als Nachwirkungen vom Vortag. Sobald es hell wird, baue ich das Lager ab und es geht abwärts.
Santiago - Moderne trifft Klassik
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Das Valle Engorda, eine grüne Oase, danach wird´s staubig.
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Dreißig Kilo Ausrüstung verteilt auf zwei Rucksäcke.
Camp 1 – Im Hintergrund die Sachsen
Camp 2 – Der Aufstieg dahin ist brutal, wie wir Tiroler sagen.
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Camp 3 - Ganz so leicht wie es ausschaut ist es nicht, es sind immerhin noch 1200 hm zum Gipfel. Lager 3 kann auch etwas höher, oberhalb des Büßereisfeldes errichtet werden.
mar_9.jpg
Blick nach Argentinien.
mar_13.jpg
Wieder im Valle Engorda. Ein Freibiwak und die Gelegenheit die Klamotten zu trocknen, nachdem es mich bei der Überquerung des Estero Marmolejo so was von auf den Hintern gesetzt hat.
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Der San Jose in der Abendstimmung.
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Fortsetzung folgt....
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