SPEKTAKULÄRE ANTARKTIS-ERSTBEGEHUNGEN - Jubel auf dem Hohlzahn
In der Steilwand bei minus 40 Grad: Die Extrembergsteiger Alexander und Thomas Huber haben in der Antarktis mehrere Erstbegehungen geschafft. Einen spektakulären Plan mussten sie jedoch aufgeben.
Auf dem Gipfel ist es plötzlich windstill. Drei Männer in ihren roten Expeditionsjacken reichen sich die Hand und genießen dann die Aussicht auf das Weiß der Gletscherwüsten der Antarktis. Sie stehen auf dem schwierigsten Gipfel des Kontinents, dem Ulvetanna, auf 2931 Metern Höhe. Gerade haben Alexander Huber und Thomas Huber aus Berchtesgaden und Stephan Siegrist aus der Schweiz bei 28 Grad unter Null den 900 Meter hohen Nordwestgrad des pyramidenförmigen Berges bezwungen - diese Route hatte vor ihnen noch keiner geschafft.
Man muss weit reisen, um als europäischer Extrembergsteiger Herausforderungen zu finden, die vorher keiner bezwungen hat. Zum Beispiel ins Königin-Maud-Land in der Antarktis: Dort verbrachten Deutschlands derzeit vielleicht bekannteste Kletterer Alexander und Thomas Huber im vergangenen November und Dezember sechs Wochen, um bei extremen Minusgraden unbegangene Routen in Angriff zu nehmen.
Auch Bergführer Stephan Siegrist, der 1999 durch eine live im Fernsehen übertragene Besteigung der Eiger-Nordwand einem breiten Publikum bekannt wurde, konnte für das Unternehmen begeistert werden. Die Huber-Brüder, der heute 40-jährige Alexander und der 42-jährige Thomas, machten sich mit spektakulären Klettertouren Mitte der neunziger Jahre weltweit einen Namen. Lebensgefährliche Free-Solo-Touren ohne Seil oder Haken und zahlreiche Erstbegehungen etwa am Salathé Wall im Yosemite-Nationalpark, in den Alpen, im Himalaja und Karakorum bescherten ihnen Respekt in der Kletterszene - aber auch viel Unverständnis für ihre lebensgefährlichen Ausflüge.
"Wenn man sein Leben einsetzt, kann man sicher sein, dass die Erfahrung sehr intensiv ist", sagt Alexander Huber. So spektakulär die Touren auch wirken mögen, das Risiko sei immer noch kalkulierbar. "Beim Bergsteigen ist die Gefahr so omnipräsent, dass kein Hasardeur weit kommen würde."
Die Granitberge Holtanna (norwegisch für "Hohlzahn") und Ulvetanna ("Wolfszahn"), die sich in der Antarktis aus dem ewigen Eis erheben, sind nicht annähernd so berühmt wie die Alpen- oder Himalaja-Gipfel vorheriger Huber-Expeditionen. Erst im Jahr 1993 hat sich der Norweger Ivar Tollefsen als erster Kletterer an die technisch anspruchsvollen, teils senkrechten und überhängenden Wände des Königin-Maud-Landes gewagt.
"Als ich Bilder von diesen Expeditionen gesehen habe, war klar: Da möchte ich irgendwann mal hin", sagt Alexander Huber. Die Landschaft faszinierte ihn, der schon so viele Berge gesehen hatte. "Senkrechte Steilwände über einer waagerechten Eiswüste - das gibt es so sonst nicht auf der Welt." Mit seinem Bruder plante er eine eigene Expedition mit Freiklettertouren im neunten und zehnten Schwierigkeitsgrad. Das sind Routen, die selbst bei warmen Temperaturen nur den Weltbesten vorbehalten sind. Nach langer Vorbereitung fanden sie schließlich im Jahr 2008 Sponsoren, die ihr Vorhaben unterstützen wollten.
Probleme bei der Landung im Eis
Doch vor Ort mussten sie feststellen, dass die Bedingungen in der Antarktis härter waren als erwartet. Schon bei der Ankunft ihres in Kapstadt gestarteten vierstrahligen Iljuschin-Flugzeugs in der Ostantarktis wurde das deutlich: Viermal musste der Pilot durchstarten, bevor ihm die holprige Landung auf dem steinharten Eis gelang.
Die extreme Kälte machte Klettereien ohne Handschuhe unmöglich. Auch sportliche Leichtkletterschuhe waren nicht verwendbar, weil da "die Füße zu Eisblöcken gefroren wären". "Bei einer Lufttemperatur von minus 20 Grad wird ein Siebener zum Neuner, ein Neuner wird unmöglich", sagt Huber.
Häufig war es sogar noch kälter, bis zu minus 50 Grad zeigte das Thermometer an, dazu kam der teils heftige Wind. Eigentlich wollte die Extrembergsteiger alle Routen im freien Alpinstil bewältigen, bei dem Haken und Seile nur zur Sicherung eingesetzt werden, aber nicht der Fortbewegung dienen dürfen. Doch die Begehung einiger Passagen war nur mit technischen Hilfsmitteln möglich.
Auch wenn die drei also deshalb nicht alle ihre Ziele realisieren konnten, konnten sie insgesamt drei Erstbegehungen für sich verbuchen: Neben dem Erfolg am Ulvetanna waren das die 750 Meter hohe senkrechte Westwand des Holtanna und eine Woche später die Route "Skywalk" über den Nordpfeiler des gleichen Berges, die im freien Stil gelang. Auf dem Ulvetanna waren sie die zweite Seilschaft überhaupt, die es auf den Gipfel schaffte.
Deshalb sind sie nicht allzu enttäuscht, dass nicht alles nach Plan lief. "Wann man sich kein großes Ziel setzt, wird man auch keinen Erfolg haben", sagt Huber. Erst am Berg hätten sie zum Beispiel festgestellt, dass die Westwand des Holtanna wegen der Felsstruktur nicht frei kletterbar ist.
Trotz der spektakulären Landschaft im ewigen Eis - nach Wochen in der eisigen Einöde sehnten sie sich dann doch zurück nach der Vielfalt der Eindrücke in der Heimat. "Und jetzt freu ich mich auf die Farbe Grün", schreibt Thomas Huber am Ende eines Berichtes über die Tour.
Quelle: Spiegel.de
In der Steilwand bei minus 40 Grad: Die Extrembergsteiger Alexander und Thomas Huber haben in der Antarktis mehrere Erstbegehungen geschafft. Einen spektakulären Plan mussten sie jedoch aufgeben.
Auf dem Gipfel ist es plötzlich windstill. Drei Männer in ihren roten Expeditionsjacken reichen sich die Hand und genießen dann die Aussicht auf das Weiß der Gletscherwüsten der Antarktis. Sie stehen auf dem schwierigsten Gipfel des Kontinents, dem Ulvetanna, auf 2931 Metern Höhe. Gerade haben Alexander Huber und Thomas Huber aus Berchtesgaden und Stephan Siegrist aus der Schweiz bei 28 Grad unter Null den 900 Meter hohen Nordwestgrad des pyramidenförmigen Berges bezwungen - diese Route hatte vor ihnen noch keiner geschafft.
Man muss weit reisen, um als europäischer Extrembergsteiger Herausforderungen zu finden, die vorher keiner bezwungen hat. Zum Beispiel ins Königin-Maud-Land in der Antarktis: Dort verbrachten Deutschlands derzeit vielleicht bekannteste Kletterer Alexander und Thomas Huber im vergangenen November und Dezember sechs Wochen, um bei extremen Minusgraden unbegangene Routen in Angriff zu nehmen.
Auch Bergführer Stephan Siegrist, der 1999 durch eine live im Fernsehen übertragene Besteigung der Eiger-Nordwand einem breiten Publikum bekannt wurde, konnte für das Unternehmen begeistert werden. Die Huber-Brüder, der heute 40-jährige Alexander und der 42-jährige Thomas, machten sich mit spektakulären Klettertouren Mitte der neunziger Jahre weltweit einen Namen. Lebensgefährliche Free-Solo-Touren ohne Seil oder Haken und zahlreiche Erstbegehungen etwa am Salathé Wall im Yosemite-Nationalpark, in den Alpen, im Himalaja und Karakorum bescherten ihnen Respekt in der Kletterszene - aber auch viel Unverständnis für ihre lebensgefährlichen Ausflüge.
"Wenn man sein Leben einsetzt, kann man sicher sein, dass die Erfahrung sehr intensiv ist", sagt Alexander Huber. So spektakulär die Touren auch wirken mögen, das Risiko sei immer noch kalkulierbar. "Beim Bergsteigen ist die Gefahr so omnipräsent, dass kein Hasardeur weit kommen würde."
Die Granitberge Holtanna (norwegisch für "Hohlzahn") und Ulvetanna ("Wolfszahn"), die sich in der Antarktis aus dem ewigen Eis erheben, sind nicht annähernd so berühmt wie die Alpen- oder Himalaja-Gipfel vorheriger Huber-Expeditionen. Erst im Jahr 1993 hat sich der Norweger Ivar Tollefsen als erster Kletterer an die technisch anspruchsvollen, teils senkrechten und überhängenden Wände des Königin-Maud-Landes gewagt.
"Als ich Bilder von diesen Expeditionen gesehen habe, war klar: Da möchte ich irgendwann mal hin", sagt Alexander Huber. Die Landschaft faszinierte ihn, der schon so viele Berge gesehen hatte. "Senkrechte Steilwände über einer waagerechten Eiswüste - das gibt es so sonst nicht auf der Welt." Mit seinem Bruder plante er eine eigene Expedition mit Freiklettertouren im neunten und zehnten Schwierigkeitsgrad. Das sind Routen, die selbst bei warmen Temperaturen nur den Weltbesten vorbehalten sind. Nach langer Vorbereitung fanden sie schließlich im Jahr 2008 Sponsoren, die ihr Vorhaben unterstützen wollten.
Probleme bei der Landung im Eis
Doch vor Ort mussten sie feststellen, dass die Bedingungen in der Antarktis härter waren als erwartet. Schon bei der Ankunft ihres in Kapstadt gestarteten vierstrahligen Iljuschin-Flugzeugs in der Ostantarktis wurde das deutlich: Viermal musste der Pilot durchstarten, bevor ihm die holprige Landung auf dem steinharten Eis gelang.
Die extreme Kälte machte Klettereien ohne Handschuhe unmöglich. Auch sportliche Leichtkletterschuhe waren nicht verwendbar, weil da "die Füße zu Eisblöcken gefroren wären". "Bei einer Lufttemperatur von minus 20 Grad wird ein Siebener zum Neuner, ein Neuner wird unmöglich", sagt Huber.
Häufig war es sogar noch kälter, bis zu minus 50 Grad zeigte das Thermometer an, dazu kam der teils heftige Wind. Eigentlich wollte die Extrembergsteiger alle Routen im freien Alpinstil bewältigen, bei dem Haken und Seile nur zur Sicherung eingesetzt werden, aber nicht der Fortbewegung dienen dürfen. Doch die Begehung einiger Passagen war nur mit technischen Hilfsmitteln möglich.
Auch wenn die drei also deshalb nicht alle ihre Ziele realisieren konnten, konnten sie insgesamt drei Erstbegehungen für sich verbuchen: Neben dem Erfolg am Ulvetanna waren das die 750 Meter hohe senkrechte Westwand des Holtanna und eine Woche später die Route "Skywalk" über den Nordpfeiler des gleichen Berges, die im freien Stil gelang. Auf dem Ulvetanna waren sie die zweite Seilschaft überhaupt, die es auf den Gipfel schaffte.
Deshalb sind sie nicht allzu enttäuscht, dass nicht alles nach Plan lief. "Wann man sich kein großes Ziel setzt, wird man auch keinen Erfolg haben", sagt Huber. Erst am Berg hätten sie zum Beispiel festgestellt, dass die Westwand des Holtanna wegen der Felsstruktur nicht frei kletterbar ist.
Trotz der spektakulären Landschaft im ewigen Eis - nach Wochen in der eisigen Einöde sehnten sie sich dann doch zurück nach der Vielfalt der Eindrücke in der Heimat. "Und jetzt freu ich mich auf die Farbe Grün", schreibt Thomas Huber am Ende eines Berichtes über die Tour.
Quelle: Spiegel.de
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