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Großer Felssturz auf dem Dachstein
In der Dachstein-Südwand hat ein Felssturz drei Eingänge zu unerforschten Höhlen freigelegt. Am Wandfuß wurde der Zustiegsweg zu einem Klettersteig verschüttet, oben ein Strommast fast „entwurzelt“. Salzburgs Landesgeologe sah sich das Szenario in der grenznahen Steiermark nach einem Kontrollflug in den Lungau an.
Online seit heute, 11.30 Uhr
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Die Trümmer mit einer Gesamtmasse von etwa 50.000 Tonnen prallten nach ca. 400 Metern mit fast freiem Fall im Gemeindegebiet von Ramsau (Bezirk Liezen) auf Steilhänge und stürzten dann noch weiter hinunter. Felsvolumen: ca. 20.000 Kubikmeter. Viele zerbarsten und bildeten eine murenartige Masse – mit der durch den Druck auf den Neuschnee entstandenen Nässe. So wurde auch noch der Zustiegsweg zum populären Erzherzog-Johann-Klettersteig verschüttet. Oben auf dem Plateau blieb ein stählerner Mast knapp vor dem Absturz verschont. Über ihn läuft das Stromkabel für einen Lift im Gletscherskigebiet.
Das Szenario trifft in ca. 2.600 Meter Seehöhe die Südwand und ihren obersten Rand – zwischen den „Dirndln“ (ca. 2.800 Meter hohe Gipfelgruppe östlich des Dachstein-Hauptgipfels mit 2.995 Meter) und dem knapp 2.700 Meter hohen Hunerkogel (Bergstation der Südwandbahn).
Wann brach der Felsturm?
Der Salzburger Landesgeologe Gerald Valentin war am 25. Oktober bei einer privaten Wanderung auf dem Rötelstein zwischen Filzmoos (Salzburger Pongau) und Ramsau am Dachstein, wo es einen großartigen Blick in die Südwand gibt. Damals war nur ein erster, relativ kleiner Teil aus der Wand gebrochen. „In den folgenden Tagen dürfte sich dann der Hauptteil auf die steirische Seite ins Tal verabschiedet haben“, so der Wissenschafter der Salzburger Landesregierung.
Wenige Tage danach flog er in beruflicher Funktion mit dem Polizeipiloten Harald Strimitzer im Hubschrauber über die Schladminger Tauern in den Lungau. Sie kontrollierten dort ältere Felsstürze und gefährdete Talpositionen. Auf dem Rückweg sahen sie die neuen Spuren beim Dachstein und flogen näher heran.
Das weitläufige Massiv mit seinen Liften ist auch bei Salzburger Wanderern, Kletterern, Bergsteigern, Skitourengehern und Pistenskifahrern sehr beliebt. Nun wäre schon wieder Hochsaison in dem meist nebelfreien und sehr sonnigen Hochgebirge – würden nicht Maßnahmen der Politik wegen CoV heuer auch hier den Tourismus empfindlich stören bzw. auch verhindern.
Bis auf wenige Einheimische, die noch auf Wanderwegen unterwegs sind, ist auch der Südwandbereich nun fast menschenleer.
„Höhlenforscher freuen sich“
Viel Zukunftspotenzial könnte das Geschehen für Höhlenforscher haben, schätzt Gerald Valentin: „Bei unserem Erkundungsflug haben wir gesehen, dass der Felssturz die Eingänge zu drei riesigen Höhlen freigelegt hat. Die sind im Berg möglicherweise miteinander verbunden.“
Aber sind die Löcher nicht für die Forschung unerreichbar – wegen der extremen Lage in der Wand? Nein, schmunzelt der behördliche Geologe Valentin, der auch staatlich geprüfter Berg- und Skiführer und erfahrener Felskletterer ist: „Wer Höhlenforscher aus Alpenregionen oder aus Polen kennt, der weiß, für die ist fast nichts unerreichbar. In diesem Fall sieht es so aus, als wären die Einstiege über lange Abseilstrecken von oben her sogar gut erreichbar.“
Kommt noch etwas nach?
Laut Valentin dürfte ursprünglich ein kleineres Stück aus der Wand gebrochen sein, 60 bis 100 Meter unter der Kante des Plateaus. Die abstützende Wirkung für andere Pfeilfer fehlte dann. Mit dem Klimawandel und dem damit verbundenen Auftauen von Permafrost-Böden dürfte dieser Felssturz nichts zu tun haben, sagt der Salzburger Landesgeologe. Die Ursache sei ähnlich wie auf der Hohen Arche beim Kitzsteinhorn in den Hohen Tauern (Gemeindegebiet Niedernsill, Pinzgau). Dort stürzte vor einigen Tagen viel Gestein ins Mühlbachtal. Es richtete keinen Schaden an.
„Nichts ist absolut sicher“
Der Experte führt diese beiden Geschehnisse auf „normale Erosion“ der Hochgebirge zurück, mit der immer und überall gerechnet werden müsse. Andere Felsstürze ab Seehöhen von ca. 3.000 Metern seien sehr wohl auch Folgen des Klimawandels.
Beim Dachstein hält er nun wenig von einer generellen Warnung an Wanderer, Bergsteiger und Kletterer: "Es gibt für solche Felsstürze im Risiko-Management keine direkte Wahrscheinlichkeitsrechnung. Und für Alpinisten ist die Erkenntnis ohnehin klar, dass nichts absolut sicher sein kann. Würde jemand von einem Felssturz direkt getroffen, dann wäre die Überlebenschance nur sehr gering.“
Anders sei das beim „normalen Steinschlag“, von dem die Dachsteinregion traditionell stark gekennzeichnet sei: „Darum wird Kletterern und Begehern von stählernen Klettersteigen schon immer dringend geraten, einen Steinschlaghelm zu tragen.“ Dass der bei solchen Felsstürzen nutzlos wäre, das sei auch klar, betont Gerald Valentin: „Es gibt eben viele Dinge, die sind nicht abschätzbar, und mit denen müssen wir leben.“
Gerald Lehner - salzburg.ORF.at
Großer Felssturz auf dem Dachstein
In der Dachstein-Südwand hat ein Felssturz drei Eingänge zu unerforschten Höhlen freigelegt. Am Wandfuß wurde der Zustiegsweg zu einem Klettersteig verschüttet, oben ein Strommast fast „entwurzelt“. Salzburgs Landesgeologe sah sich das Szenario in der grenznahen Steiermark nach einem Kontrollflug in den Lungau an.
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Die Trümmer mit einer Gesamtmasse von etwa 50.000 Tonnen prallten nach ca. 400 Metern mit fast freiem Fall im Gemeindegebiet von Ramsau (Bezirk Liezen) auf Steilhänge und stürzten dann noch weiter hinunter. Felsvolumen: ca. 20.000 Kubikmeter. Viele zerbarsten und bildeten eine murenartige Masse – mit der durch den Druck auf den Neuschnee entstandenen Nässe. So wurde auch noch der Zustiegsweg zum populären Erzherzog-Johann-Klettersteig verschüttet. Oben auf dem Plateau blieb ein stählerner Mast knapp vor dem Absturz verschont. Über ihn läuft das Stromkabel für einen Lift im Gletscherskigebiet.
Das Szenario trifft in ca. 2.600 Meter Seehöhe die Südwand und ihren obersten Rand – zwischen den „Dirndln“ (ca. 2.800 Meter hohe Gipfelgruppe östlich des Dachstein-Hauptgipfels mit 2.995 Meter) und dem knapp 2.700 Meter hohen Hunerkogel (Bergstation der Südwandbahn).
Wann brach der Felsturm?
Der Salzburger Landesgeologe Gerald Valentin war am 25. Oktober bei einer privaten Wanderung auf dem Rötelstein zwischen Filzmoos (Salzburger Pongau) und Ramsau am Dachstein, wo es einen großartigen Blick in die Südwand gibt. Damals war nur ein erster, relativ kleiner Teil aus der Wand gebrochen. „In den folgenden Tagen dürfte sich dann der Hauptteil auf die steirische Seite ins Tal verabschiedet haben“, so der Wissenschafter der Salzburger Landesregierung.
Wenige Tage danach flog er in beruflicher Funktion mit dem Polizeipiloten Harald Strimitzer im Hubschrauber über die Schladminger Tauern in den Lungau. Sie kontrollierten dort ältere Felsstürze und gefährdete Talpositionen. Auf dem Rückweg sahen sie die neuen Spuren beim Dachstein und flogen näher heran.
Das weitläufige Massiv mit seinen Liften ist auch bei Salzburger Wanderern, Kletterern, Bergsteigern, Skitourengehern und Pistenskifahrern sehr beliebt. Nun wäre schon wieder Hochsaison in dem meist nebelfreien und sehr sonnigen Hochgebirge – würden nicht Maßnahmen der Politik wegen CoV heuer auch hier den Tourismus empfindlich stören bzw. auch verhindern.
Bis auf wenige Einheimische, die noch auf Wanderwegen unterwegs sind, ist auch der Südwandbereich nun fast menschenleer.
„Höhlenforscher freuen sich“
Viel Zukunftspotenzial könnte das Geschehen für Höhlenforscher haben, schätzt Gerald Valentin: „Bei unserem Erkundungsflug haben wir gesehen, dass der Felssturz die Eingänge zu drei riesigen Höhlen freigelegt hat. Die sind im Berg möglicherweise miteinander verbunden.“
Aber sind die Löcher nicht für die Forschung unerreichbar – wegen der extremen Lage in der Wand? Nein, schmunzelt der behördliche Geologe Valentin, der auch staatlich geprüfter Berg- und Skiführer und erfahrener Felskletterer ist: „Wer Höhlenforscher aus Alpenregionen oder aus Polen kennt, der weiß, für die ist fast nichts unerreichbar. In diesem Fall sieht es so aus, als wären die Einstiege über lange Abseilstrecken von oben her sogar gut erreichbar.“
Kommt noch etwas nach?
Laut Valentin dürfte ursprünglich ein kleineres Stück aus der Wand gebrochen sein, 60 bis 100 Meter unter der Kante des Plateaus. Die abstützende Wirkung für andere Pfeilfer fehlte dann. Mit dem Klimawandel und dem damit verbundenen Auftauen von Permafrost-Böden dürfte dieser Felssturz nichts zu tun haben, sagt der Salzburger Landesgeologe. Die Ursache sei ähnlich wie auf der Hohen Arche beim Kitzsteinhorn in den Hohen Tauern (Gemeindegebiet Niedernsill, Pinzgau). Dort stürzte vor einigen Tagen viel Gestein ins Mühlbachtal. Es richtete keinen Schaden an.
„Nichts ist absolut sicher“
Der Experte führt diese beiden Geschehnisse auf „normale Erosion“ der Hochgebirge zurück, mit der immer und überall gerechnet werden müsse. Andere Felsstürze ab Seehöhen von ca. 3.000 Metern seien sehr wohl auch Folgen des Klimawandels.
Beim Dachstein hält er nun wenig von einer generellen Warnung an Wanderer, Bergsteiger und Kletterer: "Es gibt für solche Felsstürze im Risiko-Management keine direkte Wahrscheinlichkeitsrechnung. Und für Alpinisten ist die Erkenntnis ohnehin klar, dass nichts absolut sicher sein kann. Würde jemand von einem Felssturz direkt getroffen, dann wäre die Überlebenschance nur sehr gering.“
Anders sei das beim „normalen Steinschlag“, von dem die Dachsteinregion traditionell stark gekennzeichnet sei: „Darum wird Kletterern und Begehern von stählernen Klettersteigen schon immer dringend geraten, einen Steinschlaghelm zu tragen.“ Dass der bei solchen Felsstürzen nutzlos wäre, das sei auch klar, betont Gerald Valentin: „Es gibt eben viele Dinge, die sind nicht abschätzbar, und mit denen müssen wir leben.“
Gerald Lehner - salzburg.ORF.at