Kletterer haftet nicht für Steinschlag bei Erstbegehung
Durch einen ausgelösten Steinschlag wurde ein Heeresoffizier schwerst verletzt. Die Justiz sieht jedoch keine Schuld bei den Kletterern.
Von Reinhard Fellner
Innsbruck – Ein soeben ergangenes Urteil des Innsbrucker Landesgerichtes bestätigt wiede*rum die weit auszulegende Selbstverantwortung für Risiken im hochalpinen Bereich. Umstände und Inhalt der Klage hatten jedoch Seltenheitswert: So hatte ein Heereshochalpinist vorletztes Jahr einen international bekannten Tiroler Kletterer geklagt. Der beklagte Unterländer sollte dem „Oberstarzt“ für eine schwere Verletzung mit rund 31.000 Euro haften, nachdem der Extremkletterer beim Setzen einer Absicherung Fels losgebrochen hatte.
Juli 2013: Der geklagte Tiroler versuchte sich mit einem weiteren Extremkletterer und Bergführer an einer noch nicht bestiegenen Wand im Wilden-Kaiser-Gebirge oberhalb des bekannt steinschlaggefährdeten Eggersteiges.
Zur selben Zeit findet eine Gebirgsausbildung des Bundesheeres statt. Der Arzt und ein Oberst sehen am Steig zwei Rucksäcke liegen und denken sich nichts dabei. Sekunden später prasselt ein Steinhagel herab, der den Oberst an der Hand trifft und dem Arzt die rechte hintere Ferse abtrennt.
Sekunden zuvor hatte sich an der darüberliegenden Felswand ein Todeskampf abgespielt. War dem Tiroler doch trotz aller Erfahrung und Kontrollen eine Felsschuppe beim Setzen einer Absicherung losgebrochen. Eine Latsche verhinderte für den rückwärts Fallenden noch den Absturz.
Trotzdem machte der Verletzte letztes Jahr am Landesgericht bei der Verhandlung vor Richterin Claudia Zimmermann-Ganahl zwei Versäumnisse geltend: So hätte der Kletterer bei einer Erstbesteigung zumindest auf den Rucksäcken am Steig vor der Klettereinlage per Zettel warnen müssen. Zudem sei der erfahrene Kletterprofi beim Steinschlag zu Warnrufen verpflichtet gewesen.
Der Top-Kletterer nach der Verhandlung zur TT: „Im hochalpinen Gelände gibt es keine Vorschriften. Hier gilt Eigenverantwortlichkeit. Das wäre das Ende des heutigen Kletterns!“ Nach einem Augenschein am Eggersteig wies Richterin Zimmer-Ganahl die Klage zur Gänze ab. So sei hochalpiner Bergsport mit vielen Risiken verbunden: „Eine Haftung eines Bergsteigers gegenüber einem anderen Bergsteiger entsteht nur, wenn zu den unvermeidbaren Risiken des hochalpinen Bergsteigens noch weitere, schuldhafte Verhaltensweise hinzutreten. Schadenersatz setzt weiters voraus, dass jemand gegen ein Schutzgesetz verstößt. Wie sich aus dem Sachverhalt des Falls ergibt, ist es auch bei noch so sorgfältigen Bewegung im ungesicherten Hochgebirge nicht zu vermeiden, dass einzelne Steine losgelöst werden. Steinschlag ist also als sportimmanentes Risiko des Bergsteigens, des Kletterns – allgemein der Bewegung im Hochgebirge zu sehen.“ Dazu könne dem Kletterer keine Sorgfaltswidrigkeit vorgeworfen werden. So sei eine Erstbegehung eine historisch gewachsene, übliche alpine Tätigkeit. Dazu war der Beklagte für die Route sehr gut qualifiziert, die Gesteinsqualität der Route nicht brüchiger als im Umfeld und durch Zugprüfungen untersucht worden. Zuletzt habe der Kletterer die Begehung auf einen Werktag gelegt und Rucksäcke auf den Weg vor dem Einstieg deponiert (Warnzeichen), um Gefährdungen zu minimieren. Die Richterin: „Da alle zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zur Vermeidung eines Steinschlages ausgeschöpft wurden, ist dieser als plötzliches, unabwendbares Ereignis zu werten.“
Kletterer-Anwalt Andreas Ermacora: „Hier hat sich ein alpines Restrisiko verwirklicht, das der Kläger selbst zu tragen hat. Als erfahrener Bergsteiger hätte er die sichtbar deponierten Rucksäcke zudem als Warnzeichen werten müssen!“ Der Kläger berief gegen das Urteil.
Quelle
Durch einen ausgelösten Steinschlag wurde ein Heeresoffizier schwerst verletzt. Die Justiz sieht jedoch keine Schuld bei den Kletterern.
Von Reinhard Fellner
Innsbruck – Ein soeben ergangenes Urteil des Innsbrucker Landesgerichtes bestätigt wiede*rum die weit auszulegende Selbstverantwortung für Risiken im hochalpinen Bereich. Umstände und Inhalt der Klage hatten jedoch Seltenheitswert: So hatte ein Heereshochalpinist vorletztes Jahr einen international bekannten Tiroler Kletterer geklagt. Der beklagte Unterländer sollte dem „Oberstarzt“ für eine schwere Verletzung mit rund 31.000 Euro haften, nachdem der Extremkletterer beim Setzen einer Absicherung Fels losgebrochen hatte.
Juli 2013: Der geklagte Tiroler versuchte sich mit einem weiteren Extremkletterer und Bergführer an einer noch nicht bestiegenen Wand im Wilden-Kaiser-Gebirge oberhalb des bekannt steinschlaggefährdeten Eggersteiges.
Zur selben Zeit findet eine Gebirgsausbildung des Bundesheeres statt. Der Arzt und ein Oberst sehen am Steig zwei Rucksäcke liegen und denken sich nichts dabei. Sekunden später prasselt ein Steinhagel herab, der den Oberst an der Hand trifft und dem Arzt die rechte hintere Ferse abtrennt.
Sekunden zuvor hatte sich an der darüberliegenden Felswand ein Todeskampf abgespielt. War dem Tiroler doch trotz aller Erfahrung und Kontrollen eine Felsschuppe beim Setzen einer Absicherung losgebrochen. Eine Latsche verhinderte für den rückwärts Fallenden noch den Absturz.
Trotzdem machte der Verletzte letztes Jahr am Landesgericht bei der Verhandlung vor Richterin Claudia Zimmermann-Ganahl zwei Versäumnisse geltend: So hätte der Kletterer bei einer Erstbesteigung zumindest auf den Rucksäcken am Steig vor der Klettereinlage per Zettel warnen müssen. Zudem sei der erfahrene Kletterprofi beim Steinschlag zu Warnrufen verpflichtet gewesen.
Der Top-Kletterer nach der Verhandlung zur TT: „Im hochalpinen Gelände gibt es keine Vorschriften. Hier gilt Eigenverantwortlichkeit. Das wäre das Ende des heutigen Kletterns!“ Nach einem Augenschein am Eggersteig wies Richterin Zimmer-Ganahl die Klage zur Gänze ab. So sei hochalpiner Bergsport mit vielen Risiken verbunden: „Eine Haftung eines Bergsteigers gegenüber einem anderen Bergsteiger entsteht nur, wenn zu den unvermeidbaren Risiken des hochalpinen Bergsteigens noch weitere, schuldhafte Verhaltensweise hinzutreten. Schadenersatz setzt weiters voraus, dass jemand gegen ein Schutzgesetz verstößt. Wie sich aus dem Sachverhalt des Falls ergibt, ist es auch bei noch so sorgfältigen Bewegung im ungesicherten Hochgebirge nicht zu vermeiden, dass einzelne Steine losgelöst werden. Steinschlag ist also als sportimmanentes Risiko des Bergsteigens, des Kletterns – allgemein der Bewegung im Hochgebirge zu sehen.“ Dazu könne dem Kletterer keine Sorgfaltswidrigkeit vorgeworfen werden. So sei eine Erstbegehung eine historisch gewachsene, übliche alpine Tätigkeit. Dazu war der Beklagte für die Route sehr gut qualifiziert, die Gesteinsqualität der Route nicht brüchiger als im Umfeld und durch Zugprüfungen untersucht worden. Zuletzt habe der Kletterer die Begehung auf einen Werktag gelegt und Rucksäcke auf den Weg vor dem Einstieg deponiert (Warnzeichen), um Gefährdungen zu minimieren. Die Richterin: „Da alle zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zur Vermeidung eines Steinschlages ausgeschöpft wurden, ist dieser als plötzliches, unabwendbares Ereignis zu werten.“
Kletterer-Anwalt Andreas Ermacora: „Hier hat sich ein alpines Restrisiko verwirklicht, das der Kläger selbst zu tragen hat. Als erfahrener Bergsteiger hätte er die sichtbar deponierten Rucksäcke zudem als Warnzeichen werten müssen!“ Der Kläger berief gegen das Urteil.
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