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Domenico Rudatis (* 11.1.1898; + 17.7.1994)

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  • Domenico Rudatis (* 11.1.1898; + 17.7.1994)

    Domenico Rudatis (* 11.1.1898; + 17.7.1994)

    Domenico Rudatis & Renzo Videsott (1929).jpg
    Domenico Rudatis (li) und Renzo Videsott (re)

    Italienischer Alpinist, Schriftsteller und Esoteriker

    Während seiner Studienzeit in Turin kam er in Kontakt mit den aktiven Kletterern, die sich in der SUSAT (Sezione Universitaria della Società Alpinisti Tridentini) organisiert hatten. Er entwickelt sich zu einem ausgezeichneten Kletterer, wobei er sich, durch östliches Gedankengut inspiriert, auch mit den spirituellen Aspekten des Kletterns befasst. Er fungiert auch als Kontaktperson zu den Münchener Alpinisten, die in den 1920er und 1930er Jahren eine führende Rolle im Klettern einnehmen.
    Seine schriftstellerischen und zeichnerischen Fähigkeiten machen ihn zu einem ständigen Mitarbeiter der Monatsschrift des Italienischen Alpenclubs (Rivista mensile del Club Alpino Italiano), wo er sich für die Einführung der Schwierigkeitsbewertung mit Graden (Welzenbach-Skala) einsetzt. Er ist maßgeblich an der Anerkennung des 6. Grades beteiligt. Einige Erstbegehungen im 6. Grad. Darunter unter anderem im Jahr 1929 gemeinsam mit R. Videsott und L. Rittler die W-Kante an der Cima della Busazza (2.894 m) (Bei einer Wandhöhe von 1.050 Metern kamen bei der Erstbegehung lediglich 6 Haken zum Einsatz!). Nach einem Motorradunfall (mit Attilio Tissi) musste er 1933 seine Kletterkarriere beenden.

    Er entwickelte sich zu einem maßgeblichen Historiker und Theoretiker des Alpinismus und vor allem des Kletterns. Für Rudatis gibt es eine exakte Trennung zwischen Freikletterei und technischem Klettern. Bei der Bewertung einer Route können nur die Freikletterschwierigkeiten unter den Randbedingungen und dem Absicherungszustand der Erstbegehung herangezogen werden. Somit kommt es durch nachträglich angebrachte Sicherungsmittel automatisch zu einer Reduktion der Schwierigkeiten, die sich im Schwierigkeitsgrad widerspiegeln muss. Somit müssen bei der Bewertung einer Route auch Informationen über den Begeher und die Rahmenbedingungen mitgeliefert werden.

    Seine Arbeiten zur Bewertung von Kletterschwierigkeiten fanden in diversen, auch internationalen Büchern Niederschlag. Darunter unter anderem:
    • "Das Letzte im Fels", München, Gesellschaft Alpiner Bücherfreunde, 1936
    • "Sesto grado" (Der 6. Grad), Milano, Longanesi, 1971, gemeinsam mit Vittorio Varale und Reinhold Messner.
    • "Liberazione. Avventure e misteri delle montagne incantate", Falcade, Nuovi Sentieri, 1985.


    1952 übersiedelte Rudatis in die USA, wo er sich u. a. mit der Entwicklung des Farbfernsehens beschäftigte.

    Quellen:
    http://www.altitudini.it/la-storia-d...enico-rudatis/
    http://www.historisches-alpenarchiv....00128409_m.pdf
    http://it.wikipedia.org/wiki/Domenico_Rudatis

    Wenn Ihr weitere Informationen zu dieser interessanten Berg-Persönlichkeit habt, hängt sie einfach an diesen thread an.

    LG
    Matthias
    Zuletzt geändert von Ansahias; 17.04.2014, 23:39.

  • #2
    AW: Domenico Rudatis (* 11.1.1898; + 17.7.1994)

    Zitat von Ansahias Beitrag anzeigen
    Er entwickelte sich zu einem maßgeblichen Historiker und Theoretiker des Alpinismus und vor allem des Kletterns.
    Offensichtlich konnten der italienische Alpinismus (bzw. große Teile davon) und mit ihm auch Domenico Rudatis keine Distanz zum faschistischen Regime halten (genauso wie das damals ein großer Teil der deutschen und österreichischen Bergsteiger und alpinen Vereine beim Nationalsozialismus auch nicht konnte oder wollte). Ohne Detailkenntnis möchte ich hier aber keine Verurteilungen einzelner Personen vornehmen.

    Jedenfalls hat Domenico Rudatis in den Jahren 1930 und 1931 in der Zeitschrift "Lo Sport Fascista" (Der faschistische Sport) in insgesamt 9 Beiträgen erstmalig in Italien ein umfassendes Panorama der Entwicklung des Klettersports in den Ostalpen und eine Standortbestimmung der damaligen Situation vor allem auch für Italien dargelegt. Dieser Text (insgesamt knapp 100 Seiten) ist von außerordentlicher sprachlicher und typografischer Qualität, umfangreich bebildert und wird durch Druckgrafiken von Rudatis eingerahmt.
    Seit kurzem steht das ganze zum freien download zur Verfügung:
    http://arrampicamento.wordpress.com/...quasi-inedito/

    Ein paar Seiten aus diesem Werk:

    Zuletzt geändert von Ansahias; 18.04.2014, 11:49.

    Kommentar


    • #3
      AW: Domenico Rudatis (* 11.1.1898; + 17.7.1994)

      So, endlich hab' ich diesen umfassenden Text von Rudatis fertig durchgelesen.

      Eine kurze Zusammenfassung:

      Rudatis beschränkt sich in seiner Artikelserie "Lo Sport dell'Arrampicamento" auf die Entwicklung des Klettersports in den Ostalpen. Er begründet das etwas salopp damit, dass in den Westalpen durch Schnee und Eis nicht immer die selben Bedingungen vorherrschen, und somit eine objektive Bewertung durch die fehlende Vergleichbarkeit nicht möglich wäre. Wie auch immer, "Klettern" ist ein Sport. Und dieser Sport beginnt 1887 mit der unglaublichen Besteigung eines der Vaiolet-Türme durch den 18-jährigen Georg Winkler. Der Turm wurde daraufhin als "Winkler-Turm" benannt. Die weitere Entwicklung des Klettersports ist geprägt durch Kletterer mit Führern (v. a. Engländer; aber auch die Gebr. Mayer gemeinsam mit A. Dimai u. L. Rizzi) aber auch die "Führerlosen" wie z. B. H. Pfannl, T. Maischberger, P. Preuss. Dementsprechend findet die (schwierigkeitsmäßige) Weiterentwicklung des Kletterns nicht nur in den Dolomiten, sondern auch in den nördlichen Kalkalpen (Hochtor N-Wand, Ödsteinkante, Laliderer) statt. Rudatis macht hier die Entwicklung des Kletterns an einzelnen Marksteinen fest. Ich spare mir die Details.
      Entscheidende Impulse zur schwierigkeitsmäßigen Weiterentwicklung des Kletterns gehen dann v. a. von H. Dülfer aus (Fleischbank O-Wand, Totenkirchl W-Wand etc.). Überhaupt übernehmen die Kletterer im Kaisergebirge für eine Zeit die Führungsrolle in der Steigerung der Kletterschwierigkeiten, und so ist es auch nicht verwunderlich, dass 1925 der Sprung zum 6. Grad ("Die Grenze des Möglichen") von diesen Kletterern geschafft wird: Fleischbank SO-Wand (Wiessner-Rossi) und Civetta NO-Wand (Solleder-Lettenbauer). Die Folgejahre zeigen dann eine Ausweitung der Anzahl von Routen im 6. Grad, aber auch eine Verbreiterung der internationalen Leistungsspitze im Klettern.

      Interessant sind die Ausführungen zur Schwierigkeitsbewertung:
      Relevant für die Bewertung sind nach Rudatis die reinen Freikletterschwierigkeiten im Urzustand einer Route. Also kann diese Bewertung nur durch die Erstbegeher erfolgen. Rudatis verwendet in diesem Zusammenhang den Begriff "performance". Jeder nachträglich angebrachte Sicherungshaken verändert das Umfeld und verfälscht die Schwierigkeiten. Technische Hilfsmittel verfälschen die Kletterschwierigkeit. Demnach sind Passagen technischer Kletterei bei der Bewertung nicht maßgeblich. Der 6. Grad stellt die Grenze des Möglichen dar. Er wurde mit den o. a. Routen erreicht und durch neue Routen und weitere Vertreter der Kletterelite bestätigt. Eventuelle weitere Steigerungen der Kletterschwierigkeiten sind nicht mehr zu erwarten und dürften, soferne sie überhaupt auftreten, nur Nuancen gegenüber dem momentanen Stand der Kletterschwierigkeiten verschieben.

      Weiters ist auffällig, wenn man die Geschichte des Kletterns betrachtet, dass trotz des Erwachens und der Dominanz nationaler bzw. nationalistischer Strömungen in Politik und Gesellschaft in der betrachteten Zeit (Ende 19. Jahrhundert bis in die beginnenden 1930er-Jahre) beim Klettern die nationale Herkunft der Akteure offensichtlich keine relevante Rolle gespielt hat. Anscheinend war das Klettern etwas, das für die Beteiligten wichtiger war, als der Rest.

      Kommentar

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