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Winterabschied im Ödenburger Gebirge (Magas-Bérc, 557m), Westungarn / 24.03.2018

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  • Winterabschied im Ödenburger Gebirge (Magas-Bérc, 557m), Westungarn / 24.03.2018

    Keine Frage: Auch drei Tage nach dem (astronomischen) Frühlingsbeginn hätten sich von Wien aus noch zahlreiche Gelegenheiten für Schneeschuhwanderungen ergeben. Zumindest im Augenblick hatte ich aber nicht mehr so Lust darauf und suchte stattdessen nach einem Ziel für eine erste (Vor-)Frühlingswanderung. Kalte Luftmassen halten sich in diesem Jahr speziell im Osten Österreichs recht hartnäckig, und einige Tage davor gab es sogar noch einmal etwas Neuschnee bis in ganz tiefe Regionen. So ist der Ausdruck "Winterabschied" wohl viel zutreffender für die Bedingungen am Samstag, den 24. März 2018.

    Mein Vorhaben war eine Wanderung durch das Ödenburger Gebirge. Gemeinsam mit dem Günser Gebirge etwa 30km weiter südlich gehört es zu den östlichsten Alpenausläufern, an denen Ungarn ein wenig mitnaschen kann. Die sehenswerten ungarischen Städte Sopron/Ödenburg und Kőszeg/Güns liegen jeweils direkt an ihrem Fuß.

    Vor Jahren ging ich einmal von Sopron über den östlichen Teil des Ödenburger Gebirges nach Neckenmarkt. Den westlichen Teil kannte ich hingegen noch gar nicht, und das wollte ich schon seit einiger Zeit ändern.

    Ausgangspunkt und Ziel meiner Wanderung liegen in Österreich; die meisten markanten Plätze der Route befinden sich hingegen (wenn auch teilweise nur sehr knapp) auf ungarischem Boden. Daher stelle ich den Bericht in den Ordner "Übriges Europa".


    Ich starte bei der Haltestelle Marz-Rohrbach der Bahnlinie Wiener Neustadt - Sopron. Die Dieselgarnituren fahren auch am Wochenende nahezu im Stundentakt.
    01-HaltestelleMarzRohrbach.jpg

    Beim nächsten Bahnhof Loipersbach-Schattendorf verlasse ich die Bahn bereits wieder und beginne meine Wanderung auf einem Feldweg.
    04-LandschaftbeiLoipersbach.jpg

    Auf dieser Holzbrücke über den Tauscherbach überschreite ich bald die Staatsgrenze nach Ungarn und blicke hier schon nach Österreich zurück.
    Wie ersichtlich steht die Brücke Fußgängern und Radfahrern zur Verfügung, ist für Autos jedoch nicht befahrbar.
    Der Tauscherbach wendet sich übrigens bald komplett nach Ungarn und fließt dann unter dem Namen Ikva direkt am Stadtzentrum von Sopron vorbei.
    06-GrenzbrückeTauscherbach.jpg

    Zwei Kilometer flachen Weges, wieder nahe der Bahnlinie, bringen mich in die Gemeinde Ágfalva/Agendorf. Auf dem Platz vor der großen evangelischen Kirche erinnert dieses Denkmal an die Vertreibung der deutschsprechenden Ortsbevölkerung im Jahr 1946.
    (Ganz kurz zur Geschichte: Wesentliche Teile Deutsch-Westungarns kamen knapp nach dem Ende des Ersten Weltkriegs als "Burgenland" zu Österreich. Die Region um die Hauptstadt Sopron entschied sich in einer Volksabstimmung Ende 1921 jedoch für die Zugehörigkeit zu Ungarn. Die Entscheidung wurde auch für Orte wie Ágfalva bindend, wo die Bevölkerung größtenteils deutschsprachig war und die Abstimmung andere Mehrheitsverhältnisse brachte.)
    10-Agfalva-Vertriebenendenkmal-EvangelKirche.jpg

    Über Stufen beginnt meine Route noch im Ortsgebiet nun deutlich anzusteigen.
    11-Agfalva-Stufenaufgang.jpg

    Die Fortsetzung verläuft durch einen der regionstypischen Hohlwege. "Kilátó" heißt "Aussichtsturm" - und an solchen mangelt es im ungarischen Teil des Ödenburger Gebirges ja wahrlich nicht.
    12-WegweiserAussichtswarte.jpg

    Da ist schon die erste Warte: auf dem Ház-Hegyi (Hausberg) gleich oberhalb von Ágfalva, in 336m Höhe.
    15-Hazhegy-Aussichtsturm.jpg

    In der Liste der niedrigsten Alpenberge muss der Ház-Hegyi weit vorne liegen, dennoch ist der Ausblick von der baumfreien Kuppe schön. Ágfalva (mit dem 50m hohen Turm der evangelischen Kirche rechts) liegt einem direkt zu Füßen. Die Gemeinde Schattendorf weiter hinten gehört schon wieder zu Österreich, liegt aber scharf an der heutigen Staatsgrenze.
    17-BlickAgfalvaSchattendorf.jpg

    Eine typische Szenerie für diese äußersten östlichen Ausläufer des langen Alpenbogens.
    19-ÖdenburgerGebirge.jpg

    Mit dem Zoom kann ich mir den östlichen Teil von Ágfalva mit der katholischen St. Georg-Kirche nahe heran holen.
    21-ZoomAgfalva-KatholKirche.jpg

    Der Blick geht aber auch bis zum teilweise mittelalterlichen Stadtzentrum von Sopron, nur knapp sechs Kilometer weiter im Osten.
    Links der Feuerturm, das Wahrzeichen der Stadt, der auf römischen Fundamentmauern errichtet wurde.
    23-ZoomSopronStadtzentrum.jpg
    Zuletzt geändert von Wolfgang A.; 27.03.2018, 22:44.
    Lg, Wolfgang


    Für mich ist Dankbarkeit ein Weg,
    der sowohl für den Einzelnen
    wie für die Welt zukunftsweisend ist.
    (David Steindl-Rast)


  • #2
    Ein paar Minuten zurück vom Ház-Hegyi, dann führt der markierte Weg weiter in den Àgfalvi Erdö/Agendorfer Wald. Selbst hier, in nur knapp über 300m Höhe, hält sich an den teilweise schattigen Plätzen noch etwas Schnee.
    24-AgfalviErdö.jpg

    Hinunter zur Straße nach Brennbergbánya, ein paar Minuten auf ihr talauswärts und dann auf einem Sandsträsschen in ein Seitental. Ein durchaus hübscher Platz, an dem dieses eher kleine Forsthaus steht.
    28-Forsthaus.jpg

    Der längste Anstieg des Tages führt mich dann auf angenehm begehbaren Wegen zum zweiten Gipfel mit der nächsten Aussichtswarte. Mit zunehmender Seehöhe steigt auch die Schneehöhe etwas.
    31-AnstiegzumPoloskasBerc.jpg

    Und oben auf dem Poloskás-Bérc, 467m hoch. Auch dieser Aussichtsturm mit Namen Béke-Kilátó ist in der hier typischen Holzbauweise errichtet.
    (Wegen des Sonnenstands gegen meine Aufstiegsrichtung fotografiert.)
    38-PoloskasBerc-BekeKilato.jpg

    Die Plattform in gut sieben Metern Höhe ragt nicht in alle Richtungen über die Baumkronen, bietet aber einen freien Blick Richtung Nordosten. An der kleinen Siedlung Görbehalomtelep mitten im Wald - ein für Österreicher wohl sehr schwer aussprechbarer Name - bin ich fast vorbei gegangen. Im Hintergrund grüßen Loipersbach und der Marzer Kogel aus dem Burgenland.
    36-BlickGörbehalomtelep-Loipersbach.jpg

    Nach Südwesten hin ist schon mein nächstes Ziel zu sehen: die alte Bergwerkssiedlung Brennbergbánya, die sich über einige Täler und Kuppen des Ödenburger Gebirges erstreckt. Der 535m hohe Angerwald links dahinter gehört bereits wieder zum Burgenland.
    37-BlickBrennbergbanya-Angerwald.jpg

    Genusswandern auf einem komplett trockenen Weg.
    39-RoutebeimPoloskasBerc.jpg

    Bald danach leiste ich mir im Abstieg nach Brennbergbánya leider einen Verhauer und erwische einen aufgelassenen Weg, der zunächst sehr verwachsen und im unteren Teil höchst morastig ist. So bin ich erleichtert, die ersten Häuser des alten Bergwerksortes im Graben zu erreichen.
    41-Brennbergbanya.jpg

    Auf der Straße geht es gleich wieder bergauf.
    Wie alt mag dieses zweisprachige Schild wohl genau sein? Gewiss stammt es aus der Zeit des Bergwerksbetriebs von 1759 bis 1953.
    43-Brennbergbanya-zweisprachigesStraßenschild.jpg

    Noch mehr als bei anderen Orten jenseits der (Ost-)Grenzen Österreichs hat man das Gefühl, hier wäre die Zeit stehen geblieben. Gar nicht so erstaunlich, denn nahezu alle Gebäude der Siedlung entstanden (deutlich) vor Ende des Bergwerksbetriebs.
    44-Brennbergbanya.jpg

    Verlassen ist der heute zum Stadtgebiet von Sopron gehörende Ort allerdings keineswegs; die aktuelle Einwohnerzahl liegt etwa bei 600.
    Dennoch wirkt das zweistöckige Gebäude der Grundschule für heutige Maßstäbe natürlich weit überdimensioniert.
    45-Brennbergbanya-Schule.jpg

    Erst recht spät, in den Jahren 1928-1930, erhielt der Ort im Auftrag der Bergwerksdirektion eine eigene katholische Kirche. Gegenüber eine große Wiese, und die Straße davor dient als zentraler Dorfparkplatz. Bemerkenswert auch: In dem flachen Geschoß direkt unter dem Kirchenraum befindet sich das einzige Gasthaus der Ortschaft - eigentlich keineswegs im Widerspruch zu urchristlichem Gedankengut.
    46-Brennbergbanya-Kirche.jpg

    Der Förderwagen erinnert an fast 200 Jahre Kohlenbergbau in Brennberg(bánya).
    50-Förderwagen.jpg

    Noch einmal blicke ich auf die hochinteressante Ansiedlung unmittelbar außerhalb Österreichs zurück. Bis auf zahlreiche bellende (Wach-)Hunde scheint es hier heute ruhig zuzugehen . Ich empfinde die Eindrücke persönlich nicht als deprimierend, den Ort allerdings wie aus der Zeit gefallen.
    52-Brennbergbanya-Gesamtansicht.jpg
    Zuletzt geändert von Wolfgang A.; 28.03.2018, 22:13.
    Lg, Wolfgang


    Für mich ist Dankbarkeit ein Weg,
    der sowohl für den Einzelnen
    wie für die Welt zukunftsweisend ist.
    (David Steindl-Rast)

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    • #3
      Südlich von Brennbergbánya erreiche ich bald wieder die Grenze zu Österreich und folge ab nun länger dem reichlich markierten Weg knapp auf der ungarischen Seite.
      Da sind natürlich auch die Grenzsteine nicht weit.
      54-Helenenschacht-Grenzstein.jpg

      Nach 15 Minuten quert ein - ohne Kontrollen befahrbares - Sandsträsschen die Grenze. Nur wenige Meter auf österreichischem Boden beginnt bereits die Siedlung Helenenschacht. Da wird es historisch abermals interessant.
      55-Helenenschacht-Ortstafel.jpg

      Der heute gut 50 Meter von der Staatsgrenze entfernte Helenenschacht gehörte zum Brennberger Kohlenrevier. Der Förderturm wurde 1914/15 von italienischen Kriegsgefangenen mit einem Ziegelbau ummantelt und zeigt seither ein recht markantes Erscheinungsbild.
      57-Helenenschacht.jpg

      Gleich gegenüber des Turms erinnert der stilisierte Stolleneingang an die lange Zeit des Bergbaus. Davor wurde im Jahr 2009 ein Denkmal an die Opfer durch den Eisernen Vorhang errichtet.
      Das 20. Jahrhundert hat den benachbarten Siedlungen Brennberg(bánya) und Helenenschacht gehörige Turbulenzen gebracht. Da ist umso bemerkenswerter, dass grenzübergreifende Freundschaften über Jahrzehnte gepflegt wurden.
      59-GedenksteinEisernerVorhang.jpg

      Im Gegensatz zur ungarischen Seite ist von der österreichischen Werkssiedlung heute außer dem Förderturm nur mehr die ehemalige Schule übrig; sie dient derzeit als Pfadfinderheim. Die übrigen alten Gebäude wichen in den 1970er-Jahren einer neu errichteten Feriensiedlung.
      Als weiteres Fotomotiv bieten sich daher vielmehr diese Frühlingsboten an. Wo die Sonne den Schnee schmelzen ließ, sind sie ja rasch da - bis dato allerdings nur außerhalb der Waldregionen.
      61-Primeln.jpg

      Zurück nach Ungarn, und einmal mehr bin ich froh darüber, wie selbstverständlich und problemlos solche Grenzüberschreitungen heutzutage möglich sind.
      Ich folge nun für einige Zeit dem Grenzweg auf der ungarischen Seite etwa in Richtung Westnordwesten. Hier verläuft auch der von Siebenbürgen bis Mariazell führende Marienweg (Mária út), wie große Hinweistafeln und -säulen wiederholt in Erinnerung rufen.
      62-WegweiserMarienweg.jpg

      Eine gute Viertelstunde moderater Anstieg führt mich schließlich zur dritten Holzwarte des Tages auf dem Magas-Bérc (Hohen Riegel). Laut der Anzeige unter der Warte und auch der digitalen Burgenland-Karte beträgt seine Höhe (knapp) 557m; die 553m der AMap und der Kompass-Karte sind definitiv etwas zu niedrig bemessen. Der Hohe Riegel kann so seinem Namen gerecht werden und ist - wenn auch mit ganz knappem Vorsprung - die höchste Erhebung des Grenzkamms des Ödenburger Gebirges.
      65-MagasBerc-Aussichtswarte.jpg

      Die stattliche Aussichtswarte aus Holz wurde erst in jüngerer Zeit - nämlich im Jahr 2005 - errichtet.
      67-MagasBerc-Aussichtswarte.jpg

      Von West nach Ost blickend kommt die Kuppe deutlicher zur Geltung.
      70-MagasBerc-Aussichtswarte.jpg

      Ich teile mir den Gipfel mit einer netten ungarischen Familie mit drei kleinen Töchtern, die an den Schneeresten auf der Gipfelwiese sichtbar und vor allem hörbar Gefallen finden.
      Die Staatsgrenze zu Österreich befindet sich übrigens etwa 40m rechts vom Grenzweg im dichten Wald. So gehört der eigentliche Gipfelbereich Ungarn allein.
      72-Aussichtswarte-Tiefblick.jpg

      Der Blick von der Aussichtsplattform nach Norden über die meist sanften Abhänge des Ödenburger Gebirges in Richtung Burgenland.
      71-Aussichtswarte.jpg

      Auch diese Plattform überragt nicht alle Bäume. Bei guten Bedingungen schauen 50km weiter im Westen Schneeberg und Rax allerdings sehr attraktiv über den Wald - oft speziell dann, wenn auf ihnen noch viel Schnee liegt, wie mehrere Vergleichsbilder im WWW belegen. Dazu ist es heute jedoch zu dunstig und zudem mit dem späteren Nachmittag - inzwischen etwa 16 Uhr - die Tageszeit nicht günstig.
      Sehr wohl erfasst das Teleobjektiv aber die heutige Landeshauptstadt des Burgenlands etwas über 20km weiter nördlich: Eisenstadt an der Südabdachung des langgezogenen Leithagebirges.
      75-ZoomEisenstadtLeithagebirge.jpg
      Zuletzt geändert von Wolfgang A.; 28.03.2018, 11:55.
      Lg, Wolfgang


      Für mich ist Dankbarkeit ein Weg,
      der sowohl für den Einzelnen
      wie für die Welt zukunftsweisend ist.
      (David Steindl-Rast)

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      • #4
        Beim Aufbruch vom Magas-Bérc ist mir klar, dass ich heute in die Dunkelheit geraten werde, liegen doch bis zur Haltestelle Marz-Rohrbach noch über 10 Kilometer Strecke vor mir.
        Auf dem ersten ungarischen Abschnitt könnte man in leichtem Auf und Ab zügig voran kommen, wäre der Weg nicht durch Reifenspuren von Forstarbeiten teilweise komplett zerstört. Danach bessert sich der Zustand der Route zum Glück doch wieder.
        79-ÖdenburgerGebirge-Kammweg.jpg

        Ein interessantes Farbenspiel, das die Stämme (Buchen?) rechts vom Weg bieten - bei bereits recht flach einfallendem und etwas diffusem Sonnenlicht.
        80-Laubwald-Farbmuster.jpg

        Nicht ganz vier Kilometer nach dem Magas-Bérc erreiche ich den sogenannten Herrentisch, der nur ganz wenig niedriger liegt.
        Die gängigste Erklärung des Namens besagt, dass sich die Gebietsherren lange Zeit genau an diesem Platz trafen; natürlich stand da noch nicht der aktuelle, von den Naturfreunden errichtete Steintisch.
        Lange Jahre war der Platz auch von einem eigentümlich verschlungenen und schräg wachsenden Baum gleich dahinter geprägt, wie zahlreiche ältere Bilder belegen. Seit dem Frühjahr 2017 ist nur mehr der Stumpf des markanten Baums übrig, aus welchen Gründen auch immer.
        82-Herrentisch.jpg

        Natürlich ist die sehr flache, bewaldete Kuppe auch von dem Wallfahrtsweg Richtung Mariazell geprägt, der hier vorbei führt.
        84-Herrentisch-Kruzifix.jpg

        Vergleichsweise unauffällig wirken die Grenzsteine unterschiedlichen Alters. Der vordere von ihnen mit der Stange steht erneut für die heutige Staatsgrenze Österreich - Ungarn.
        Der Herrentisch markiert heute den äußersten westlichsten Punkt des ungarischen Bezirks Györ-Moson-Sopron. Das Burgenland wird hier auf weniger als fünf Kilometer Breite zwischen Ungarn im Osten und Niederösterreich im Westen eingeengt.
        87-Herrentisch-Grenzsteine.jpg

        Abermals wird mir dankbar bewusst, wie einfach sich heute vom Ungarischen Grenzweg auf Wege in Österreich wechseln lässt. Denn ab nun folge ich dem Ostösterreichischen Grenzlandweg (Weitwanderweg Nr. 07).
        Der letzte Blick des Tages zur Sonne, bevor sie hinter der Kuppe im Westen verschwindet.
        89-Sonnenuntergang.jpg

        Wenn Berge "Dreimarkstein" heißen, treffen dort üblicherweise die Gebiete dreier Gemeinden oder Provinzen aufeinander. Dasselbe gilt für diesen Stein entlang des Weges; die beteiligten Gemeinden sind Sieggraben, Marz und Rohrbach bei Mattersburg.
        90-Dreimarkstein.jpg

        Nur eine Minute danach passiere ich diese Bildföhre.
        91-Bildföhre.jpg

        Mittlerweile geht es auf 18.30 Uhr zu, und das bedeutet einen Tag vor Beginn der Sommerzeit das Einbrechen der Dämmerung. Aber noch sehe ich genug, um diesen Hohlweg problemlos begehen zu können. Im letzten Tageslicht erreiche ich die ersten Häuser der stattlichen Marktgemeinde Rohrbach bei Mattersburg, und bei völliger Dunkelheit treffe ich knapp vor 19.30 Uhr wieder bei der Haltestelle Marz-Rohrbach ein.
        93-Hohlweg.jpg
        Zuletzt geändert von Wolfgang A.; 28.03.2018, 22:21.
        Lg, Wolfgang


        Für mich ist Dankbarkeit ein Weg,
        der sowohl für den Einzelnen
        wie für die Welt zukunftsweisend ist.
        (David Steindl-Rast)

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        • #5
          Informationen zur Wanderung

          Etwa 26km Strecke,
          gut 650 Höhenmeter, die sich auf zahlreiche kürzere und mehrheitlich recht flache An- und Abstiege aufteilen.

          Meine Route habe ich auf zwei Ausschnitten der Kompass-Karte blau eingezeichnet.
          Ab dem Herrentisch (Kote 557 links außen auf der zweiten Karte) bin ich dem Europäischen Weitwanderweg gefolgt, da ist es einfach.
          Kartenausschnitt1.jpg

          Kartenausschnitt2.jpg

          Bahnhof Loipersbach-Schattendorf - Grenzbrücke über den Tauscherbach - Ágfalva - Aussichtswarte Ház-hegyi (Kote 336 auf der Karte) - Ágfalvi erdö.
          Den strichliert eingezeichneten Weg knapp vor Görbehalomtelep habe ich gar nicht gesucht, da der Abschnitt im Wald davor ziemlich feucht war. Ich war froh über festen Boden unter den Füßen und habe dafür gern einige hundert Meter auf der Straße Sopron - Brennbergbánya in Kauf genommen.

          Bereits auf dem zweiten Kartenausschnitt:
          Vom Seitental auf gutem Weg Anstieg zum Poloskás-Bérc mit der zweiten Aussichtswarte. Nach Süden zunächst bequem weiter, dann kurz steil bergauf.
          Der Abstieg nach Brennbergbánya hinunter scheint ein wenig nach Norden verlegt worden zu sein. Dass ich dem einstigen, schon verwachsenen Weg gefolgt bin, war mein Fehler.
          Durch Brennbergbánya mit einem Abstecher zur Kirche und südlich zum Grenzweg. Ab dann ist die Orientierung einfach.

          Etwa zwei Kilometer westlich des Magas-Bérc ist der Ungarische Grenzweg derzeit durch Reifenspuren komplett zerstört. So bleibt einem nur die Wahl zwischen tiefem Morast oder teils dichten Dornen direkt am Wegesrand. Ich frage mich, ob das bei einem internationalen markierten Weg wirklich so sein muss. Der Abschnitt wäre aktuell auch ohne Schneeschmelze unangenehm zu begehen.
          Alle markierten Wege in Ungarn wie in Österreich sind gut und ausreichend gekennzeichnet.

          Dass meine Route über 20km lang sein würde, war mir bewusst. Durch ein paar kurze Abstecher wurden es dann noch einige Kilometer mehr.
          Es bieten sich zahlreiche kürzere Varianten an, wobei die Distanzen auf dem weitläufigen Höhenrücken aber stets deutlich über 10km liegen.
          Ein paar Vorschläge:
          + Der Herrentisch lässt sich auf dem Weitwanderweg Nr. 07 sowohl von Rohrbach als auch von Sieggraben erreichen.
          + Alle drei Aussichtswarten lassen sich ab Ágfalva erwandern; leider wurde die Haltestelle der Bahnlinie aufgelassen.
          + Zwischen Sopron und Brennbergbánya verkehren Busse. Wer die Region noch gar nicht kennt, kann ein paar Kuppen mit Aussichtswarten aufsuchen und auch die sehenswerte Altstadt von Sopron besichtigen.

          Die Bahn Wiener Neustadt - Mattersburg - Sopron fährt auch am Wochenende in einem fast durchgehenden Stundentakt, an Werktagen zeitweilig noch öfter.
          So bietet sie sich für das Ödenburger Gebirge sowohl für eine öffentliche Hin- und Rückfahrt aus dem Raum Wien gut an als auch für das Schließen der Runde bei längeren Wanderrouten.


          Aktuelle Bedingungen und günstigste Jahreszeiten

          Am 24.03.2018 bereits ab ca. 300m Seehöhe außer auf freien sonnigen Flächen Schneereste. Am Grenzkamm und generell in etwa 500m Höhe noch 3-5cm, wenn auch mit deutlicher Tendenz zum Rinnen.
          Auch abseits des zerstörten Abschnitts auf dem Grenzweg werden sich einige feuchte oder erdige Etappen vermutlich zu keiner Jahreszeit komplett vermeiden lassen.

          Ich schätze, dass die Region ingesamt im mittleren Frühjahr - etwa vier bis sechs Wochen nach meinem Termin - am reizvollsten ist; die vielfältige Vegetation trägt dazu gewiss bei. An nebelfreien Herbsttagen stelle ich mir die Farbenpracht ebenfalls attraktiv vor, und vom Gelände her spricht - außer bei wirklichen Extrembedingungen - auch nichts gegen Winterbegehungen.
          Für lange Wanderungen am Rand der Kleinen Ungarischen Tiefebene sollte man wohl typische Hochsommertage am ehesten meiden.


          Zwei Weblinks

          * Übersicht der Aussichtstürme im ungarischen Teil des Ödenburger Gebirges.
          Eine vergleichbare Häufung von Aussichtswarten auf engem Raum ist selten. Interessant, dass es sich - mit Ausnahme der altehrwürdigen Steinwarte auf der Karlshöhe (Károly-Magaslat) - durchwegs um Holzbauten handelt, die zum Teil erst vor relativ kurzer Zeit errichtet oder aber komplett erneuert wurden.
          * http://www.oedenburgerland.de/
          Eine Seite der 1946 aus der Region um Ödenburg vertriebenen deutschsprechenden Bevölkerung. Etliches ist natürlich nur für jene interessant, die selbst persönliche Wurzeln in der Region haben. Mir scheint die Seite nach einem ersten Blick erfreulich frei von der Verbitterung, die nach ähnlichen Vorfällen manchmal Jahrzehnte lang zu spüren ist.
          Und die Geschichten und Erzählungen hier machen meiner Meinung nach sehr anschaulich, was Besucher heute in Brennbergbánya zu sehen bekommen.


          Persönliches Fazit

          Jahrzehnte lang waren Gebiete knapp jenseits der Ostgrenzen Österreichs nicht erreichbar - vom Waldviertel über das Thayatal und Znaim, die Kleinen Karpaten, Pressburg und den Südteil des Neusiedler Sees bis nach Sopron und einem Teil des Ödenburger Gebirges.
          Die einst unüberwindbaren Grenzen sind zum Glück Vergangenheit (und kehren hoffentlich nie wieder). Die Grenzen im Kopf scheinen zum Teil noch etwas nachzuwirken, sonst müssten Ziele, die für Ostösterreicher rasch und problemlos erreichbar bzw. manchmal sogar in Sichtweite sind, eigentlich längst etwas häufiger aufgesucht werden.

          Freilich mag man entgegnen, das Ödenburger Gebirge sei im Grund wie eine Kombination aus dem Weinviertel und dem Wienerwald.
          Ich glaube dennoch, dass jede Region ein wenig eigenen Charakter besitzt - z.B. durch die Landschaft im Detail oder auch die Vegetation.
          Absolut faszinierend finde ich es, bewusst im Grenzland unterwegs zu sein, wo sich unterschiedliche Entwicklungen oder Geschwindigkeiten knapp nebeneinander zeigen. Ágfalva hat mich an die Eindrücke aus kleinen niederösterreichischen Dörfern in der Zeit meiner Kindheit oder Jugend erinnert. Und die alte Bergbausiedlung Brennberg(bánya) wirkt heute wie völlig aus der Zeit gefallen, ohne dass ich sie als leblos wahrgenommen hätte.

          Warum war ich nicht selbst schon längst ausführlich im Ödenburger Gebirge unterwegs?
          Ich kann die Frage nicht umfassend beantworten, bin mir aber gewiss, am letzten Samstag einiges nachgeholt zu haben.
          Und bin - Schneematsch hin, Morast her - bereichert nach Hause zurück gekehrt.

          Allen, die ebenfalls umfassendere Eindrücke der Region gewinnen wollen, würde ich am ehesten das mittlere Frühjahr für ihre Erkundung des Ödenburger Gebirges empfehlen.
          Zuletzt geändert von Wolfgang A.; 28.03.2018, 22:26.
          Lg, Wolfgang


          Für mich ist Dankbarkeit ein Weg,
          der sowohl für den Einzelnen
          wie für die Welt zukunftsweisend ist.
          (David Steindl-Rast)

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          • #6
            Servus Wolfgang,

            eine schöne Frühlingswanderung hast du gemacht.
            Und das Kulturelle ist auch nicht zu kurz gekommen , gefällt mir.
            Viele Aussichtstürme haben's dort, ist ja interessant.
            Danke dir für den schönen Bericht im Grenzbereich.
            lg, Manfred (manfredsberge.blogspot.com)

            Meine Tourenberichte auf gipfeltreffen

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            • #7
              Lange, einsame Tour in einer Gegend, die ich ein klein wenig kenne. Hatte vor Jahren eines meiner Pferde am Rand von Agendorf stehen.
              Dort, wo du den schlechten Teil des Grenzweges beschreibst, geht der 07 aber gar nicht vorbei? Der biegt ja von N kommend am Herrentisch nach Süden ab? War der Weg ab dem Herrentisch bis Rohrbach dann in Ordnung?
              Zuletzt geändert von alice58; 28.03.2018, 07:22.
              LG, Eli

              Kommentar


              • #8
                Zitat von alice58 Beitrag anzeigen
                Dort, wo du den schlechten Teil des Grenzweges beschreibst, geht der 07 aber gar nicht vorbei? Der biegt ja von N kommend am Herrentisch nach Süden ab? War der Weg ab dem Herrentisch bis Rohrbach dann in Ordnung?
                Liebe Eli,
                auf dem Abschnitt des Weitwanderwegs 07 vom Herrentisch bis zum Ortsrand von Rohrbach war alles in Ordnung.

                Lg, Wolfgang


                Für mich ist Dankbarkeit ein Weg,
                der sowohl für den Einzelnen
                wie für die Welt zukunftsweisend ist.
                (David Steindl-Rast)

                Kommentar


                • #9
                  Danke, ein in jeder Hinsicht interessanter Bericht.
                  War vor kurzem am Gschriebenstein, der ja an der Grenze Ö/Ungarn steht, allerdings bei tiefstem Winter und schlechter Sicht. An schönen Tagen soll man von dort den Plattensee sehen.
                  In einigen in deinem Bericht vorkommenden Orten (Marz) war ich schon, ohne mir bewusst zu sein, dass das Grenzland so nahe ist.

                  Weil in deinem Bericht zweimal von Wallfahrten nach Mariazell aus Ungarn und Siebenbürgen die Rede ist, möchte ich nur ergänzen, dass das letzte Stück der aus dem Osten vom Halltal nach Mariazell führenden B 21 offiziell "Ungarnstraße" heißt.
                  Schöne Grüße
                  Martin
                  Zuletzt geändert von martin.gi; 28.03.2018, 10:09.
                  Vom Eise befreit sind Strom und Bäche,
                  der alte Winter, in seiner Schwäche,
                  zog sich in rauhe Berge zurück.....

                  Frei nach J. W. Goethe

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                  • #10
                    Danke für eure Antworten!

                    Zitat von martin.gi Beitrag anzeigen
                    Weil in deinem Bericht zweimal von Wallfahrten nach Mariazell aus Ungarn und Siebenbürgen die Rede ist, möchte ich nur ergänzen, dass das letzte Stück der aus dem Osten vom Halltal nach Mariazell führenden B 21 offiziell "Ungarnstraße" heißt.
                    Ein interessanter Hinweis, Martin, vielen Dank!
                    Ich kann ergänzen, dass sich die ausführlichen Hinweistafeln zum Marienweg (Mária ut) ein Stück auf österreichisches Gebiet fortsetzen - zumindest bis zum Kamm des Rosaliengebirges, wo ich sie auch schon gesehen habe.
                    Und auf dem burgenländischen Mariazellerweg sind vielen bestimmt schon die zahlreichen Votivtafeln etc. im Anstieg zur Gscheidlhöhe zwischen Preintal und Stiller Mürz aufgefallen. Da zeigt sich m.E. ein ganz anderer Stil von Frömmigkeit als auf dem Wiener Mariazellerweg, wo etwas Vergleichbares völlig fehlt.

                    Nicht zuletzt aufgrund seiner Grenzlage finde ich das Ödenburger Gebirge speziell interessant. Gut möglich, dass es mich in absehbarer Zukunft wieder sieht, zumal ich ja auch noch weitere Aussichtswarten besuchen könnte.

                    Aufgrund der geringen Seehöhe hat der Winterabschied mittlerweile sicher längst dem tatsächlichen "Frühlingsanbruch" Platz gemacht.
                    Was mag heute auf der Wiese am Magas-Berc bereits blühen? Und wie sehr zeigen die Laubbäume um die Kuppe ein erstes zartes Grün?
                    68-MagasBerc-Aussichtswarte.jpg


                    Lg, Wolfgang


                    Für mich ist Dankbarkeit ein Weg,
                    der sowohl für den Einzelnen
                    wie für die Welt zukunftsweisend ist.
                    (David Steindl-Rast)

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