Hohe Munde
Ich war aufgrund einer längeren, schweren aber leider noch andauernden Krankheit das letzte Mal Ende Mai auf einem Berg gewesen. Es war die Flatschspitz im südtirolerischen Wipptal, welche zu der Zeit noch mit reichlich Schnee am Gipfel versehen war. Nach Pause und Reha sammelte ich langsam wieder etwas Kraft und baute die letzten 4 Wochen Muskeln wieder auf. Freilig hab ich noch einige Behandlungen vor mir, aber ich weiß, das beste Heilmittel kann nur die Mutter Natur sein.
Ich erhielt letzten Mittwoch einen Anruf von meiner Freundin Alexandra aus Telfs. Wir hatten bereits letztes Jahr gemeinsam beschlossen heuer die Hohe Munde zu besteigen. Sie meinte da plötzlich, sie hätte am Samstag ihre Tochter „verkauft“ und daher auch Zeit. Alex fragte, ob wir nicht die Hohe Munde bezwingen wollten. Ich fühlte mich soweit fit für eine nette kleine Einstiegstour. Ich wusste schon von meinen Informationen letztes Jahr, dass man von der Rauthhütte dort zirka 3 -4 Stunden gehen würde, nicht schwierig aber auch nicht kurz und sagte sofort zu, da ich mal nicht alleine gehen müsste.
Am Freitag besorgte ich mir noch neue Schuhe, dann telefonierten wir uns noch mal zusammen und besprachen die Einzelheiten. Sie wollte die Hohe Munde dann aber von der „wahren Seite“ besteigen, nämlich vom Straßberghaus aus über den Westgrat. Dabei erwähnte sie auch, dass es dort Seilversicherungen gab, welche ich bekanntlich am liebsten mag und war sofort Feuer und Flamme. Ich informierte mich natürlich auch selber in diversen Foren, schätzte die Westroute aber für gut machbar ein. Dass diese Tour etwas länger und auch anspruchsvoller war, nahm ich wiederum nur am Rande wahr. Da wir früh weggehen wollten, beschlossen wir, dass ich bei ihr schlief und so standen wir am Samstag früh um 5:00 Uhr auf, so dass wir um zirka halb sieben dann am Straßberghaus standen.
http://picasaweb.google.at/lh/photo/...eat=directlink
Der Aufstieg zur 1. Etappe ging erstmal sehr angenehm durch Wald und Wiesen und führte uns zum Schluss durch Latschenkiefern, wo wir einigen Mitstreitern begegneten. Kaum waren wir heraus, war auch schon um Viertel nach Neun der Gipfel der Niederen Munde (2059 m) erreicht, den ich anfangs aber nicht wahrnahm und tatsächlich suchte. Das war nicht wirklich ein Gipfel, aber ok. Meine neuen Schuhe hielten sich grandios und Alex ihre alten Bergschuhe, ein Geschenk ihrer Großmutter, ebenso. Die Sonne war noch knapp hinter den Gipfeln der Hohen Munde und nach oben hingen einige Wolken, die uns an diesem heißen Tag guten Schutz boten.
Nach einer guten Rast ging es dann weiter über einen Grasrücken http://picasaweb.google.at/lh/photo/...eat=directlink zu einer sehr langen Schotterreiße. Wir trafen Franz, der von der anderen Seite kam und mit dem ich am Vorabend schon telefoniert hatte und wir entdeckten dazu ein großes, wunderschönes Edelweiß im klassischsten Stile.
http://picasaweb.google.at/lh/photo/...eat=directlink
In der Schotterreiße des langen Westrückens war es meiner Freundin das erste Mal etwas fad und sie gab ihren Unmut in einigen öden Worten bekannt. Kleinere Motivationen vor allem auf dem Ausblick halfen aber schnell hinweg, denn ich freute mich bereits auf den näherkommenden Einstieg in den „Genuss-Steig“, wie ich hoffte.
Danach begann endlich „mein“ Terrain http://picasaweb.google.at/lh/photo/...eat=directlink angefangen mit einigen sehr einfachen Kletterpassagen über Felsbrocken bis wir zur endlich zur ersten kleinen Seilversicherung kamen. Zirka 4 Meter ging es seilabwärts und nach Querung der schmalen Gratscharte auf der anderen Seite auch wieder an einer Eisenleiter treppaufwärts zum Vorgipfel. Meine Freundin war nicht so sicher, so half ich ihr mit Worten und kurzen Anweisungen darüber hinweg. Sie hatte den unbändigen Willen die Hohe Munde von genau dieser Seite zu besteigen, wobei für sie ein Umkehren aufgrund der für sie elendigen Schotterreiße und dieser kleinen aber feinen Kletterpassage nicht mehr in Frage kam. Wir beschlossen daher auch die für mich favorisierte und sehr angenehme Variante über die Rauthhütte wieder abzusteigen, ich gehe nämlich ungern da runter wo ich schon rauf gegangen bin. Nach einigen weiteren leichten und schmackhaften Stellen standen wir nun davor. Ein wahrer „Genuss-Steig“, welcher keine Bergsteigerwünsche offen ließ. Zwar waren die Seile nicht so fein gummiummantelt wie bei der Pfeis, dafür aber um einiges länger und so kam echtes Klettersteigfeeling auf. Was für mich aber eine Riesenfreude war, brachte bei meiner Freundin Alex eher nur Ehrfurcht, Angst und was noch Alles ein. Es ging zirka 100m - vielleicht auch etwas weniger, aber es war einfach eine nicht enden wollende Freude, abwärts, dann ein kleines Stück eher gerade bis zur Geröllrinne und von dort anschließend das Ganze auch im selben Maße wieder aufwärts zum Grat des Hauptgipfels durch eine Art Schlucht, dem „Rauhen Tal“, welcher uns noch vom Westgipfel der Hohen Munde trennte.
Alex aber begann nach den ersten zwei abgestiegenen Metern, als eine Leiterstufe fehlte, das Ganze mit einem Angstschrei. Sie gestand mir dann so nebenbei!!!, dass sie niemals zuvor einen Gipfel höher als 2059m (Niedere Munde) bestiegen hatte und noch zudem sogar an Höhenangst litt, welche sich bereits auf bestiegenen Sesseln ihrer Wohnstube bemerkbar macht! Oha, in was war ich da rein geraten. Da wir noch nicht um die bevorstehende Länge wussten und Alex unter allen Umständen den Gipfel erreichen, geschweige denn aufgrund der absolvierten Passagen noch umdrehen wollte, biss und kniff sie alles zusammen was ging, sprach sich selber Mut zu und ging dann wieder weiter. Auch ich bekam einige Zweifel, ob das wirklich in Bezug auf Sicherheit und Leben eine so gute Idee sei. Andererseits gab es auch nur wenige Möglichkeiten. Ich half ihr so gut ich konnte, gab ihr Mut und Motivation sowie kleine Anweisungen und Hilfestellungen. Sie betrachtete nach Anweisung nur noch die 2m² um sich herum, ging Schritt für Schritt und Etappe für Etappe. Ich war nie weit weg, bereit ihr immer zu helfen, wenn es nötig war und es wurde immer weniger nötig. Sie gewann mit jeder Etappe Mut und sogar Freude. Wir durchstiegen die unterschiedlichsten Passagen, auf und ab, Leitern, Engstellen und der Blick in die Tiefe war aber immer, und im Falle Alex Gott sei Dank, stets begrenzt durch Wolken. Zu allem Überfluss begannen sich Alex ihre bis Dato treuen Bergschuhe aufzulösen und wollten mehr Luft einlassen als Alex lieb war. Von einigen anderen Kletterern von der anderen Seite erhielten wir freundlicherweise Leukoplastband zum Notfixieren und Maulstopfen der Schuhe so dass es weitergehen konnte. Schlussendlich war es dann geschehen — wir standen plötzlich oben und der Gipfel war in greifbarer Nähe. Die seilversicherten Stellen ließen wir hinter uns, absolvierten noch einige kurze, nette und ungefährliche Kletterpassagen und standen dann gegen 15:00 Uhr auf dem Westgipfel. Zwei Münchner, ein Mann und seine Freundin, wollten den Steig probieren und befragten uns dazu näher. Wir erklärten ihnen, dass es durchaus machbar, aber nicht unbedingt für unerfahrene Bergsteiger sinnvoll ist. Sie wollten einen Blick drauf werfen.
http://picasaweb.google.at/lh/photo/...eat=directlink
Meine Freundin aber war stolz wie Oskar, da sie sich nun selbst erfahren, ihre Ängste überwunden und ihre Grenzen seelisch, geistig und körperlich neu gesteckt hat. Das Gefühl oben auf dem Gipfel zu stehen war auch für mich wieder eine Freude und gab mir Kraft und neuen Mut, für Alex war es wie eine Geburt eines Kindes, aller Schmerz war vergessen und vorüber, so sehr entschädigte der Ausblick für alles. http://picasaweb.google.at/lh/photo/...eat=directlink
http://picasaweb.google.at/lh/photo/...eat=directlink
Man konnte die gesamte Länge des Inntales sehen, das Seefelder Plateau, die Leutasch mit allen Seitentäler und noch mehr. http://picasaweb.google.at/lh/photo/...eat=directlink
Alle Wolken waren wie bestellt, pünktlich weggezogen und Tirol lag uns zu Füßen. Die zwei Münchner hatten offensichtlich kehrt gemacht, denn sie waren plötzlich in Richtung Ostgipfel unterwegs. Allerdings bekamen Alex ihre Schuhe auf dem Gipfel der Hohen Munde wieder vergrößerten Hunger. Muss wohl am Berg liegen wobei meine sich ausgezeichnet hielten.
Nach einer weiteren ausgedehnten Rast winkte uns natürlich auch noch der Ostgipfel, der vergleichsweise ein Spaziergang war und in nicht mal 30 min genommen werde konnte. Dann ging es abwärts in Richtung Rauthhütte. Der Abstieg war zwar einfach aber zog sich und die Knie wurden mit der Zeit immer weicher. Schotterpassagen wichen einem neu angelegten aber durch Erde ziemlich glitschigen und ausgedehnten Stück. Kurz bevor wir die Latschenkiefern erreichten, machten wir noch eine Rast auf einem netten Dachl mit feiner Aussicht, welches darunter ein tolles „Sündenplatzerl“ wäre. http://picasaweb.google.at/lh/photo/...eat=directlink Meine Schuhe leisteten mir ausgesprochen beste Dienste, Alex ihre hingegen rangen nach noch mehr Frischluft und legte schon Einsichten frei. http://picasaweb.google.at/lh/photo/...eat=directlink
Dann stießen die zwei Münchner vom Gipfel zu uns, irgendwo hatten wir sie wohl überholt, und baten uns nach kurzem Gespräch sogar an, uns zu unserem Auto zurückzubringen. So war auch das Problem des Transfers zu unserem Auto, welches noch am Strassberghaus auf uns wartete, gelöst. Welch wirklich freundliche Geste. Der Weg durch die Latschenkiefern war beschwerlich, aber nicht weil er schwer war, sondern, weil nach 11 Stunden doch die Knie stetig weicher wurden. Gegen 18:00 Uhr trafen wir in der Rauthhütte ein, ich schmiss eine Runde und wir erfreuten uns dann an herrlich kühlem Radler. Auch hier sorgten die Bergschuhe meiner Freundin für einige Lacher aber wir stopften ihren Drang nach Luft erneut und diesmal mit Panzertape. Der Weiterweg durch den Wald war dann schon fast ein Genuss und wurde noch mit einer Moorpassage gekrönt http://picasaweb.google.at/lh/photo/...eat=directlink , welche uns zudem einen Blick auf die heute über den Westgrat bezwungene Hohe Munde gewährte. http://picasaweb.google.at/lh/photo/...eat=directlink Gegen halb Neun abends waren wir an Alex‘ Auto und fuhren heim.
Was war das für eine Tour und das zum Re-Einstieg. Vielleicht war es für den Anfang nicht unbedingt das was ich mir erst dachte, aber geil war´s und geschadet hat es auch nicht! Meine Muskeln freuten sich und ich spürte ihr schon ihr Wachstum. Und Alex, welche erst noch meinte sie würde so etwas nie wieder tun, war nun ernsthaft vom Bergvirus infiziert und zeigte am nächsten Tag deutlich den Hang zur Wiederholungstat, allerdings in etwas leichterem Stile. Zudem war sie jetzt wirklich von der Höhenangst kuriert.
Die südgratseitige Brandjochspitze kann nun kommen und die Serles wartet ja heuer auch noch auf mich und so werde ich vielleicht bei dieser dann wieder eine Begleiterin haben.
Westgratsanny
Ich war aufgrund einer längeren, schweren aber leider noch andauernden Krankheit das letzte Mal Ende Mai auf einem Berg gewesen. Es war die Flatschspitz im südtirolerischen Wipptal, welche zu der Zeit noch mit reichlich Schnee am Gipfel versehen war. Nach Pause und Reha sammelte ich langsam wieder etwas Kraft und baute die letzten 4 Wochen Muskeln wieder auf. Freilig hab ich noch einige Behandlungen vor mir, aber ich weiß, das beste Heilmittel kann nur die Mutter Natur sein.
Ich erhielt letzten Mittwoch einen Anruf von meiner Freundin Alexandra aus Telfs. Wir hatten bereits letztes Jahr gemeinsam beschlossen heuer die Hohe Munde zu besteigen. Sie meinte da plötzlich, sie hätte am Samstag ihre Tochter „verkauft“ und daher auch Zeit. Alex fragte, ob wir nicht die Hohe Munde bezwingen wollten. Ich fühlte mich soweit fit für eine nette kleine Einstiegstour. Ich wusste schon von meinen Informationen letztes Jahr, dass man von der Rauthhütte dort zirka 3 -4 Stunden gehen würde, nicht schwierig aber auch nicht kurz und sagte sofort zu, da ich mal nicht alleine gehen müsste.
Am Freitag besorgte ich mir noch neue Schuhe, dann telefonierten wir uns noch mal zusammen und besprachen die Einzelheiten. Sie wollte die Hohe Munde dann aber von der „wahren Seite“ besteigen, nämlich vom Straßberghaus aus über den Westgrat. Dabei erwähnte sie auch, dass es dort Seilversicherungen gab, welche ich bekanntlich am liebsten mag und war sofort Feuer und Flamme. Ich informierte mich natürlich auch selber in diversen Foren, schätzte die Westroute aber für gut machbar ein. Dass diese Tour etwas länger und auch anspruchsvoller war, nahm ich wiederum nur am Rande wahr. Da wir früh weggehen wollten, beschlossen wir, dass ich bei ihr schlief und so standen wir am Samstag früh um 5:00 Uhr auf, so dass wir um zirka halb sieben dann am Straßberghaus standen.
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Der Aufstieg zur 1. Etappe ging erstmal sehr angenehm durch Wald und Wiesen und führte uns zum Schluss durch Latschenkiefern, wo wir einigen Mitstreitern begegneten. Kaum waren wir heraus, war auch schon um Viertel nach Neun der Gipfel der Niederen Munde (2059 m) erreicht, den ich anfangs aber nicht wahrnahm und tatsächlich suchte. Das war nicht wirklich ein Gipfel, aber ok. Meine neuen Schuhe hielten sich grandios und Alex ihre alten Bergschuhe, ein Geschenk ihrer Großmutter, ebenso. Die Sonne war noch knapp hinter den Gipfeln der Hohen Munde und nach oben hingen einige Wolken, die uns an diesem heißen Tag guten Schutz boten.
Nach einer guten Rast ging es dann weiter über einen Grasrücken http://picasaweb.google.at/lh/photo/...eat=directlink zu einer sehr langen Schotterreiße. Wir trafen Franz, der von der anderen Seite kam und mit dem ich am Vorabend schon telefoniert hatte und wir entdeckten dazu ein großes, wunderschönes Edelweiß im klassischsten Stile.
http://picasaweb.google.at/lh/photo/...eat=directlink
In der Schotterreiße des langen Westrückens war es meiner Freundin das erste Mal etwas fad und sie gab ihren Unmut in einigen öden Worten bekannt. Kleinere Motivationen vor allem auf dem Ausblick halfen aber schnell hinweg, denn ich freute mich bereits auf den näherkommenden Einstieg in den „Genuss-Steig“, wie ich hoffte.
Danach begann endlich „mein“ Terrain http://picasaweb.google.at/lh/photo/...eat=directlink angefangen mit einigen sehr einfachen Kletterpassagen über Felsbrocken bis wir zur endlich zur ersten kleinen Seilversicherung kamen. Zirka 4 Meter ging es seilabwärts und nach Querung der schmalen Gratscharte auf der anderen Seite auch wieder an einer Eisenleiter treppaufwärts zum Vorgipfel. Meine Freundin war nicht so sicher, so half ich ihr mit Worten und kurzen Anweisungen darüber hinweg. Sie hatte den unbändigen Willen die Hohe Munde von genau dieser Seite zu besteigen, wobei für sie ein Umkehren aufgrund der für sie elendigen Schotterreiße und dieser kleinen aber feinen Kletterpassage nicht mehr in Frage kam. Wir beschlossen daher auch die für mich favorisierte und sehr angenehme Variante über die Rauthhütte wieder abzusteigen, ich gehe nämlich ungern da runter wo ich schon rauf gegangen bin. Nach einigen weiteren leichten und schmackhaften Stellen standen wir nun davor. Ein wahrer „Genuss-Steig“, welcher keine Bergsteigerwünsche offen ließ. Zwar waren die Seile nicht so fein gummiummantelt wie bei der Pfeis, dafür aber um einiges länger und so kam echtes Klettersteigfeeling auf. Was für mich aber eine Riesenfreude war, brachte bei meiner Freundin Alex eher nur Ehrfurcht, Angst und was noch Alles ein. Es ging zirka 100m - vielleicht auch etwas weniger, aber es war einfach eine nicht enden wollende Freude, abwärts, dann ein kleines Stück eher gerade bis zur Geröllrinne und von dort anschließend das Ganze auch im selben Maße wieder aufwärts zum Grat des Hauptgipfels durch eine Art Schlucht, dem „Rauhen Tal“, welcher uns noch vom Westgipfel der Hohen Munde trennte.
Alex aber begann nach den ersten zwei abgestiegenen Metern, als eine Leiterstufe fehlte, das Ganze mit einem Angstschrei. Sie gestand mir dann so nebenbei!!!, dass sie niemals zuvor einen Gipfel höher als 2059m (Niedere Munde) bestiegen hatte und noch zudem sogar an Höhenangst litt, welche sich bereits auf bestiegenen Sesseln ihrer Wohnstube bemerkbar macht! Oha, in was war ich da rein geraten. Da wir noch nicht um die bevorstehende Länge wussten und Alex unter allen Umständen den Gipfel erreichen, geschweige denn aufgrund der absolvierten Passagen noch umdrehen wollte, biss und kniff sie alles zusammen was ging, sprach sich selber Mut zu und ging dann wieder weiter. Auch ich bekam einige Zweifel, ob das wirklich in Bezug auf Sicherheit und Leben eine so gute Idee sei. Andererseits gab es auch nur wenige Möglichkeiten. Ich half ihr so gut ich konnte, gab ihr Mut und Motivation sowie kleine Anweisungen und Hilfestellungen. Sie betrachtete nach Anweisung nur noch die 2m² um sich herum, ging Schritt für Schritt und Etappe für Etappe. Ich war nie weit weg, bereit ihr immer zu helfen, wenn es nötig war und es wurde immer weniger nötig. Sie gewann mit jeder Etappe Mut und sogar Freude. Wir durchstiegen die unterschiedlichsten Passagen, auf und ab, Leitern, Engstellen und der Blick in die Tiefe war aber immer, und im Falle Alex Gott sei Dank, stets begrenzt durch Wolken. Zu allem Überfluss begannen sich Alex ihre bis Dato treuen Bergschuhe aufzulösen und wollten mehr Luft einlassen als Alex lieb war. Von einigen anderen Kletterern von der anderen Seite erhielten wir freundlicherweise Leukoplastband zum Notfixieren und Maulstopfen der Schuhe so dass es weitergehen konnte. Schlussendlich war es dann geschehen — wir standen plötzlich oben und der Gipfel war in greifbarer Nähe. Die seilversicherten Stellen ließen wir hinter uns, absolvierten noch einige kurze, nette und ungefährliche Kletterpassagen und standen dann gegen 15:00 Uhr auf dem Westgipfel. Zwei Münchner, ein Mann und seine Freundin, wollten den Steig probieren und befragten uns dazu näher. Wir erklärten ihnen, dass es durchaus machbar, aber nicht unbedingt für unerfahrene Bergsteiger sinnvoll ist. Sie wollten einen Blick drauf werfen.
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Meine Freundin aber war stolz wie Oskar, da sie sich nun selbst erfahren, ihre Ängste überwunden und ihre Grenzen seelisch, geistig und körperlich neu gesteckt hat. Das Gefühl oben auf dem Gipfel zu stehen war auch für mich wieder eine Freude und gab mir Kraft und neuen Mut, für Alex war es wie eine Geburt eines Kindes, aller Schmerz war vergessen und vorüber, so sehr entschädigte der Ausblick für alles. http://picasaweb.google.at/lh/photo/...eat=directlink
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Man konnte die gesamte Länge des Inntales sehen, das Seefelder Plateau, die Leutasch mit allen Seitentäler und noch mehr. http://picasaweb.google.at/lh/photo/...eat=directlink
Alle Wolken waren wie bestellt, pünktlich weggezogen und Tirol lag uns zu Füßen. Die zwei Münchner hatten offensichtlich kehrt gemacht, denn sie waren plötzlich in Richtung Ostgipfel unterwegs. Allerdings bekamen Alex ihre Schuhe auf dem Gipfel der Hohen Munde wieder vergrößerten Hunger. Muss wohl am Berg liegen wobei meine sich ausgezeichnet hielten.
Nach einer weiteren ausgedehnten Rast winkte uns natürlich auch noch der Ostgipfel, der vergleichsweise ein Spaziergang war und in nicht mal 30 min genommen werde konnte. Dann ging es abwärts in Richtung Rauthhütte. Der Abstieg war zwar einfach aber zog sich und die Knie wurden mit der Zeit immer weicher. Schotterpassagen wichen einem neu angelegten aber durch Erde ziemlich glitschigen und ausgedehnten Stück. Kurz bevor wir die Latschenkiefern erreichten, machten wir noch eine Rast auf einem netten Dachl mit feiner Aussicht, welches darunter ein tolles „Sündenplatzerl“ wäre. http://picasaweb.google.at/lh/photo/...eat=directlink Meine Schuhe leisteten mir ausgesprochen beste Dienste, Alex ihre hingegen rangen nach noch mehr Frischluft und legte schon Einsichten frei. http://picasaweb.google.at/lh/photo/...eat=directlink
Dann stießen die zwei Münchner vom Gipfel zu uns, irgendwo hatten wir sie wohl überholt, und baten uns nach kurzem Gespräch sogar an, uns zu unserem Auto zurückzubringen. So war auch das Problem des Transfers zu unserem Auto, welches noch am Strassberghaus auf uns wartete, gelöst. Welch wirklich freundliche Geste. Der Weg durch die Latschenkiefern war beschwerlich, aber nicht weil er schwer war, sondern, weil nach 11 Stunden doch die Knie stetig weicher wurden. Gegen 18:00 Uhr trafen wir in der Rauthhütte ein, ich schmiss eine Runde und wir erfreuten uns dann an herrlich kühlem Radler. Auch hier sorgten die Bergschuhe meiner Freundin für einige Lacher aber wir stopften ihren Drang nach Luft erneut und diesmal mit Panzertape. Der Weiterweg durch den Wald war dann schon fast ein Genuss und wurde noch mit einer Moorpassage gekrönt http://picasaweb.google.at/lh/photo/...eat=directlink , welche uns zudem einen Blick auf die heute über den Westgrat bezwungene Hohe Munde gewährte. http://picasaweb.google.at/lh/photo/...eat=directlink Gegen halb Neun abends waren wir an Alex‘ Auto und fuhren heim.
Was war das für eine Tour und das zum Re-Einstieg. Vielleicht war es für den Anfang nicht unbedingt das was ich mir erst dachte, aber geil war´s und geschadet hat es auch nicht! Meine Muskeln freuten sich und ich spürte ihr schon ihr Wachstum. Und Alex, welche erst noch meinte sie würde so etwas nie wieder tun, war nun ernsthaft vom Bergvirus infiziert und zeigte am nächsten Tag deutlich den Hang zur Wiederholungstat, allerdings in etwas leichterem Stile. Zudem war sie jetzt wirklich von der Höhenangst kuriert.
Die südgratseitige Brandjochspitze kann nun kommen und die Serles wartet ja heuer auch noch auf mich und so werde ich vielleicht bei dieser dann wieder eine Begleiterin haben.
Westgratsanny
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