Touristen sollen Freizeitaktivitäten per Handy buchen
Von Gerhild Niedoba, 06. Juni 2023, 05:51 Uhr
GMUNDEN. Pilotprojekt in der Traunsee-Region: Bald sollen Parkplätze, Berg- und Schifffahrten mittels App reserviert werden müssen
In gut einem Monat beginnen die Sommerferien. Viele Österreicherinnen und Österreicher haben daher schon Reisepläne geschmiedet: Zu der Top-Destinationen zählt wie schon seit Jahrzehnten Italien, knapp dahinter folgt der Urlaub im Inland. Doch Vorsicht: Weil immer mehr Regionen dem Massentourismus Einhalt gebieten wollen, wird die Detailplanung vor Ort immer wichtiger.
Sardinien etwa will nun mit klaren Regeln die Touristenströme in geordnete Bahnen lenken. An besonders überlaufenen Stränden gelten Besuchsobergrenzen. So darf etwa die im Mittelosten gelegene und größte Bucht Cala Mariolu pro Tag von maximal 700 Personen besucht werden, für die Strände von Cala dei Gabbiani und Cala Biriala gilt hingegen ein Tagesmaximum von 300 Badegästen.
Doch wer jetzt glaubt, mit einem Anreisen in den frühen Morgenstunden dem neuen Reservierungssystem ein Schnippchen schlagen zu können, irrt: Denn ein Strandplatz muss mindestens 72 Stunden vorher über eine eigene Handy-App gebucht werden, Verstöße werden mit einem Bußgeld geahndet. Zudem wird vereinzelt auch ein Badetuchverbot schlagend: Um zu verhindern, dass mit den nassen Tüchern zu viel Sand abtransportiert wird, sind stattdessen nur Badematten erlaubt.
Der oberösterreichische Weg
Auch in Oberösterreich werden sich Urlauber und Tagesgäste künftig auf das Vorabbuchen von Freizeitangeboten einstellen müssen. Zwar vorerst noch nicht für Liegeplätze am See, dafür aber für viele weitere Freizeitaktivitäten in der Region, wie Andreas Murray, Geschäftsführer des Tourismusverbandes Traunsee/Almtal, gestern gegenüber den OÖNachrichten ankündigte.
Es gehe darum, "das Freizeiterleben buchbar zu machen". Ähnlich wie in Sardinien sollen in der Region rund um den Traunsee touristische Hotspots, wie Murray sagt, vorab mittels App reserviert bzw. gebucht werden.
Dazu sollen zum Beispiel jene Parkplätze rund um die Badeseen (Langbathseen, Offensee, etc.) zählen. Aber auch für Bergfahrten auf den Grünberg oder den Feuerkogel, für Museumsbesuche bis hin zu Schifffahrten soll künftig eine Vorab-Registrierung bzw. -Buchung via Handy-App nötig sein. Das Pilotprojekt werde derzeit ausgearbeitet. Murray rechnet damit, dass dieses in "ein bis zwei Jahren" umgesetzt werde, wie er sagt.
Staus vermeiden, Nerven schonen
"Wir gehen damit auf die Zeichen der Zeit und die Wünsche der Gäste ein", sagt der Touristiker. Es gehe um eine sinnvolle "Besucherlenkung" sowie um die Vermeidung von Staus. Dem Gast solle damit wieder Qualitätstourismus geboten werden können: "Denn niemand will stundenlang Parkplatz suchen und sich dann vielleicht noch anstellen müssen, um auf den Berg hinaufzukommen."
Die Registrierung mittels App komme den Gästen doppelt zugute: Schließlich könnte durch die Parkplatzbuchung etwa die aktuelle Auslastung an den Badeseen abgerufen und auch gleich das Eintrittsticket gekauft werden. Seien Parkplätze bereits voll, sollten alternative Stellplätze in der näheren Umgebung vorgeschlagen werden. "Das kann bis dahin gehen, dass dann geraten wird, das Auto lieber stehen zu lassen und stattdessen mit den Öffis anzureisen."
Ein Reservierungssystem für Liegeplätze an den Seen sei zwar derzeit noch nicht umsetzbar, aber künftig auch nicht auszuschließen, sagt Murray. "Noch ist die Reservierung von zwei bis drei Quadratmeter pro Person auf einer Strandbadwiese nicht nötig. In ein paar Jahren könnte es aber Thema werden."
"Wertvolle Ergänzung"
Murray rennt mit seinem geplanten Projekt beim oö. Tourismus- und Wirtschaftslandesrat Markus Achleitner (VP) offene Türen ein: "Es läuft derzeit die Umsetzung der Initiative ‚In unserer Natur‘, um Tourismus und Natur bestmöglich in Einklang zu bringen."
Wesentliche Punkte seien hier unter anderem auch Besucherlenkung und Parkleitsysteme. Ein derartiges Pilotprojekt zur Besucherlenkung werde gerade in der Region Pyhrn-Priel gestartet. "Weitere Projekte wie jenes in der Region Traunsee-Almtal sind hier eine wertvolle Ergänzung", sagt Achleitner.
Drei Fragen an Andreas Murray
Geschäftsführer des Tourismusverbandes Traunsee-Almtal
Auf Sardinien müssen für einige Strände nun drei Tage im Vorhinein Liegeplätze mittels App reserviert werden. Ist dieses Modell auch für heimische Seen denkbar?
Das ist derzeit schwer umsetzbar, weil es für die Liegewiesen in unseren Strandbädern noch keine vorgegebenen Plätze wie an Stränden gibt: Dort sind pro Person rund zwei bis drei Quadratmeter Fläche vorgesehen. Es ist aber nicht auszuschließen, dass eine derartige Kontingentierung in ein paar Jahren auch bei uns nötig wird.
Kilometerlange Autoschlangen bei der Anfahrt zu den Badeseen, völliges Chaos auf den Parkplätzen: Wie können derartige Szenarien wie etwa an den Langbathseen künftig verhindert werden?
Etwa mit einem Reservierungssystem via Handy-App. Wir arbeiten bereits an einem derartigen Modell – dieses soll nicht nur für Parkplätze, sondern auch für sämtliche touristische Hotspots zum Einsatz kommen.
Was glauben Sie, wie wird dieses Projekt bei den Touristen ankommen?
Wir nehmen damit die Wünsche der Gäste auf. Das Freizeiterlebnis wird somit buchbar. Wir wollen damit verhindern, dass Touristen anreisen und dann verärgert sind, weil sie zuerst einen Parkplatz suchen und sich dann noch lange anstellen müssen, um mit der Gondel auf den Berg fahren zu können.
Verpflichtende Reservierungen für Badeseen?
Von nachrichten.at, 06. Juni 2023, 00:08 Uhr
Auf Sardinien müssen Strandbesucher ihren Platz künftig in einer App reservieren. Auch in Oberösterreich sind ähnliche Modelle in Planung. Wer zu einem Badesee möchte, muss dann zuvor einen Parkplatz reservieren.
PRO
Gelenkter Ansturm
Philipp Hirsch
Leiter Regionalressort
Während der Coronajahre wurde es offenkundig: Die Infrastruktur rund um Oberösterreichs Badeseen ist dem Gästeansturm an einem heißen Sommertag nicht einmal ansatzweise gewachsen. Staus, ungezählte Wildparker, lange Wartezeiten und überfüllte Liegewiesen und Parkplätze waren die Folgen.
Diesen Ansturm mithilfe digitaler Helferlein zumindest ein wenig zu lenken, ist eine hervorragende Idee.
Wer keinen Parkplatz reserviert hat, kann immer noch mit öffentlichen Verkehrsmitteln anreisen.
Einstweilen offen bleibt die Frage, wer soll das eigentlich alles kontrollieren? Security-Mitarbeiter, die bei jedem Seeparkplatz die Reservierungen überprüfen, würden wohl nicht unbedingt zum Sommerfeeling beitragen.
CONTRA
Eh lieb!
Manfred Wolf
Ressortleiter Lokales
Parkplätze reservieren, ja, das ist eine liebe Idee. Fast ein wenig, als würden Sie versuchen, einen Lavastrom mit einem Feuerlöscher zum Erliegen zu bringen. Ambitioniert, aber sinnlos.
Doch weder Ironie noch Zynismus helfen den Einheimischen, die „gach“ zum Einkaufen fahren wollen, dann aber im Stau stecken, weil sich Autokolonnen auf den Straßen ihrer Gemeinde zum Seengebiet wälzen. Für sie ist das unzumutbar.
Die Fehleranalyse: Es wurde schlicht zu lange auf Individualverkehr gesetzt. Das ist ein jahrzehntelanges, politisches Versagen auf so vielen Ebenen, dass es schon himmelschreiend ist.
Die Lösung: Investition in ein öffentliches, innovatives Verkehrsnetz, das international Nachahmer findet.
Von Gerhild Niedoba, 06. Juni 2023, 05:51 Uhr
GMUNDEN. Pilotprojekt in der Traunsee-Region: Bald sollen Parkplätze, Berg- und Schifffahrten mittels App reserviert werden müssen
In gut einem Monat beginnen die Sommerferien. Viele Österreicherinnen und Österreicher haben daher schon Reisepläne geschmiedet: Zu der Top-Destinationen zählt wie schon seit Jahrzehnten Italien, knapp dahinter folgt der Urlaub im Inland. Doch Vorsicht: Weil immer mehr Regionen dem Massentourismus Einhalt gebieten wollen, wird die Detailplanung vor Ort immer wichtiger.
Sardinien etwa will nun mit klaren Regeln die Touristenströme in geordnete Bahnen lenken. An besonders überlaufenen Stränden gelten Besuchsobergrenzen. So darf etwa die im Mittelosten gelegene und größte Bucht Cala Mariolu pro Tag von maximal 700 Personen besucht werden, für die Strände von Cala dei Gabbiani und Cala Biriala gilt hingegen ein Tagesmaximum von 300 Badegästen.
Doch wer jetzt glaubt, mit einem Anreisen in den frühen Morgenstunden dem neuen Reservierungssystem ein Schnippchen schlagen zu können, irrt: Denn ein Strandplatz muss mindestens 72 Stunden vorher über eine eigene Handy-App gebucht werden, Verstöße werden mit einem Bußgeld geahndet. Zudem wird vereinzelt auch ein Badetuchverbot schlagend: Um zu verhindern, dass mit den nassen Tüchern zu viel Sand abtransportiert wird, sind stattdessen nur Badematten erlaubt.
Der oberösterreichische Weg
Auch in Oberösterreich werden sich Urlauber und Tagesgäste künftig auf das Vorabbuchen von Freizeitangeboten einstellen müssen. Zwar vorerst noch nicht für Liegeplätze am See, dafür aber für viele weitere Freizeitaktivitäten in der Region, wie Andreas Murray, Geschäftsführer des Tourismusverbandes Traunsee/Almtal, gestern gegenüber den OÖNachrichten ankündigte.
Es gehe darum, "das Freizeiterleben buchbar zu machen". Ähnlich wie in Sardinien sollen in der Region rund um den Traunsee touristische Hotspots, wie Murray sagt, vorab mittels App reserviert bzw. gebucht werden.
Dazu sollen zum Beispiel jene Parkplätze rund um die Badeseen (Langbathseen, Offensee, etc.) zählen. Aber auch für Bergfahrten auf den Grünberg oder den Feuerkogel, für Museumsbesuche bis hin zu Schifffahrten soll künftig eine Vorab-Registrierung bzw. -Buchung via Handy-App nötig sein. Das Pilotprojekt werde derzeit ausgearbeitet. Murray rechnet damit, dass dieses in "ein bis zwei Jahren" umgesetzt werde, wie er sagt.
Staus vermeiden, Nerven schonen
"Wir gehen damit auf die Zeichen der Zeit und die Wünsche der Gäste ein", sagt der Touristiker. Es gehe um eine sinnvolle "Besucherlenkung" sowie um die Vermeidung von Staus. Dem Gast solle damit wieder Qualitätstourismus geboten werden können: "Denn niemand will stundenlang Parkplatz suchen und sich dann vielleicht noch anstellen müssen, um auf den Berg hinaufzukommen."
Die Registrierung mittels App komme den Gästen doppelt zugute: Schließlich könnte durch die Parkplatzbuchung etwa die aktuelle Auslastung an den Badeseen abgerufen und auch gleich das Eintrittsticket gekauft werden. Seien Parkplätze bereits voll, sollten alternative Stellplätze in der näheren Umgebung vorgeschlagen werden. "Das kann bis dahin gehen, dass dann geraten wird, das Auto lieber stehen zu lassen und stattdessen mit den Öffis anzureisen."
Ein Reservierungssystem für Liegeplätze an den Seen sei zwar derzeit noch nicht umsetzbar, aber künftig auch nicht auszuschließen, sagt Murray. "Noch ist die Reservierung von zwei bis drei Quadratmeter pro Person auf einer Strandbadwiese nicht nötig. In ein paar Jahren könnte es aber Thema werden."
"Wertvolle Ergänzung"
Murray rennt mit seinem geplanten Projekt beim oö. Tourismus- und Wirtschaftslandesrat Markus Achleitner (VP) offene Türen ein: "Es läuft derzeit die Umsetzung der Initiative ‚In unserer Natur‘, um Tourismus und Natur bestmöglich in Einklang zu bringen."
Wesentliche Punkte seien hier unter anderem auch Besucherlenkung und Parkleitsysteme. Ein derartiges Pilotprojekt zur Besucherlenkung werde gerade in der Region Pyhrn-Priel gestartet. "Weitere Projekte wie jenes in der Region Traunsee-Almtal sind hier eine wertvolle Ergänzung", sagt Achleitner.
Drei Fragen an Andreas Murray
Geschäftsführer des Tourismusverbandes Traunsee-Almtal
Auf Sardinien müssen für einige Strände nun drei Tage im Vorhinein Liegeplätze mittels App reserviert werden. Ist dieses Modell auch für heimische Seen denkbar?
Das ist derzeit schwer umsetzbar, weil es für die Liegewiesen in unseren Strandbädern noch keine vorgegebenen Plätze wie an Stränden gibt: Dort sind pro Person rund zwei bis drei Quadratmeter Fläche vorgesehen. Es ist aber nicht auszuschließen, dass eine derartige Kontingentierung in ein paar Jahren auch bei uns nötig wird.
Kilometerlange Autoschlangen bei der Anfahrt zu den Badeseen, völliges Chaos auf den Parkplätzen: Wie können derartige Szenarien wie etwa an den Langbathseen künftig verhindert werden?
Etwa mit einem Reservierungssystem via Handy-App. Wir arbeiten bereits an einem derartigen Modell – dieses soll nicht nur für Parkplätze, sondern auch für sämtliche touristische Hotspots zum Einsatz kommen.
Was glauben Sie, wie wird dieses Projekt bei den Touristen ankommen?
Wir nehmen damit die Wünsche der Gäste auf. Das Freizeiterlebnis wird somit buchbar. Wir wollen damit verhindern, dass Touristen anreisen und dann verärgert sind, weil sie zuerst einen Parkplatz suchen und sich dann noch lange anstellen müssen, um mit der Gondel auf den Berg fahren zu können.
Verpflichtende Reservierungen für Badeseen?
Von nachrichten.at, 06. Juni 2023, 00:08 Uhr
Auf Sardinien müssen Strandbesucher ihren Platz künftig in einer App reservieren. Auch in Oberösterreich sind ähnliche Modelle in Planung. Wer zu einem Badesee möchte, muss dann zuvor einen Parkplatz reservieren.
PRO
Gelenkter Ansturm
Philipp Hirsch
Leiter Regionalressort
Während der Coronajahre wurde es offenkundig: Die Infrastruktur rund um Oberösterreichs Badeseen ist dem Gästeansturm an einem heißen Sommertag nicht einmal ansatzweise gewachsen. Staus, ungezählte Wildparker, lange Wartezeiten und überfüllte Liegewiesen und Parkplätze waren die Folgen.
Diesen Ansturm mithilfe digitaler Helferlein zumindest ein wenig zu lenken, ist eine hervorragende Idee.
Wer keinen Parkplatz reserviert hat, kann immer noch mit öffentlichen Verkehrsmitteln anreisen.
Einstweilen offen bleibt die Frage, wer soll das eigentlich alles kontrollieren? Security-Mitarbeiter, die bei jedem Seeparkplatz die Reservierungen überprüfen, würden wohl nicht unbedingt zum Sommerfeeling beitragen.
CONTRA
Eh lieb!
Manfred Wolf
Ressortleiter Lokales
Parkplätze reservieren, ja, das ist eine liebe Idee. Fast ein wenig, als würden Sie versuchen, einen Lavastrom mit einem Feuerlöscher zum Erliegen zu bringen. Ambitioniert, aber sinnlos.
Doch weder Ironie noch Zynismus helfen den Einheimischen, die „gach“ zum Einkaufen fahren wollen, dann aber im Stau stecken, weil sich Autokolonnen auf den Straßen ihrer Gemeinde zum Seengebiet wälzen. Für sie ist das unzumutbar.
Die Fehleranalyse: Es wurde schlicht zu lange auf Individualverkehr gesetzt. Das ist ein jahrzehntelanges, politisches Versagen auf so vielen Ebenen, dass es schon himmelschreiend ist.
Die Lösung: Investition in ein öffentliches, innovatives Verkehrsnetz, das international Nachahmer findet.
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